Am 04. März, um 18.00 Uhr feiern wir in der St. Petrikirche Weende den ökumenischen Weltgebetstag. Die Frauen aus England, Wales und Nordirland laden uns ein den Spuren der Hoffnung nachzugehen.
Nach dem Bibeltext von Jeremia trägt der Weltgebetstag den Titel: „Zukunftsplan: Hoffnung“.
Christinnen aus England, Wales und Nordirland setzen den oft düsteren Aussichten einen ermutigenden Gottesdienst am ökumenischen Weltgebetstag entgegen. Allein in Deutschland werden zu den dezentralen Veranstaltungen rund 800.000 Teilnehmer*innen erwartet.
Eine Gruppe von 31 Frauen aus 18 unterschiedlichen christliche Konfessionen und Kirchen hat gemeinsam die Gebete, Gedanken und Lieder zum Weltgebetstag 2022 ausgewählt. Sie sind zwischen Anfang 20 und über 80 Jahre alt und stammen aus England, Wales und Nordirland. In ihrem Gottesdienst erzählen sie von bewegender Geschichte, spektakulären Landschaften und multi-ethnischen Metropolen. Mit den drei Lebens-Geschichten von Lina, Nathalie und Emily kommen auch Themen wie Armut, Einsamkeit und Missbrauch zur Sprache. Hoffnung vermittelt der zentrale Bibeltext Jeremia 29,14: „Ich werde euer Schicksal zum Guten wenden…“
Von Samoa bis Chile, über alle Kontinente und durch alle Zeitzonen läuft die Gebetskette am Freitag, den 4. März 2022. Wir laden ein teilzuhaben an dieser großen ökumenischen Bewegung, die von Frauen-Gruppen in über 150 Ländern getragen wird.
Dialogpredigt im Literaturgottesdienst von Johanna Bierwirth und Katharina Grots Mark Twain (1835-1910) ist bereits ein welt-berühmter Schriftsteller durch Werke wie Die Abenteuer des Tom Sawyer und Die Abenteuer des Huckleberry Finn, als einiges in seinem Leben durcheinander gerät. Mit seinem Verlag geht er Bankrott, er häuft einen riesigen Berg Schulden an. Seine Tochter stirbt an Meningitis, kurz darauf stirbt auch seine Frau. In dieser schwierigen Zeit entsteht zuerst das Tagebuch von Adam, später das Tagebuch von Eva. Die beiden Werke retten ihn aus dem Ruin, das Tagebuch von Eva gilt als Hommage an seine verstorbene Frau.
In den Tagebüchern beschreibt Twain mit viel Witz und Herz die erste Liebesgeschichte der Welt und zieht die Schöpfungsgeschichte der Bibel ganz schön durch den Kakao. Hier ist Adam ein kleiner Müßiggänger, der sich schwer durchsetzen kann. Eva packt zu und erforscht alles, aber manchmal zieht sie auch falsche Schlüsse. Und eine Tätigkeit von Eva geht Adam ganz schön auf die Nerven: Sie benennt alles! Für alles denkt sie sich Namen und Worte aus. So hält sie Adam davon ab, weiterhin die Niagara-Fälle runterzuspringen, und erklärt ihm das Wort „Angst“. Und nun hat Adam plötzlich so ein ganz neues, mulmiges Gefühl…
Die richtigen Worte finden ist gar nicht so einfach. Eva fällt es gar nicht leicht, Adam immer jede Bedeutung erklären zu können. Und wie erklärt man eigentlich das Wort Liebe? Das ist gar nicht so einfach! Auch Paulus versucht in seinem ersten Buch an die Korinther die Liebe zu beschreiben: Die Liebe höret nimmer auf. Sie glaubt alles. Sie hofft alles. Und sie hält allem stand.
Im Gottesdienst kommen die Texte ins Gespräch: Twains Tagebücher, das Hohelied der Liebe von Paulus und eigene Fortschreibungen der ersten Liebesgeschichte der Welt, daneben auch viele moderne Lieder über die Liebe.
Predigt zu Mark Twains "Die Tagebücher von Adam und Eva" Adam: Montag. Dieses neue Wesen ist ganz schön lästig. Es lungert herum und läuft mir dauernd nach. Das kann ich nicht leiden; ich bin Gesellschaft nicht gewöhnt. Wenn es doch nur bei den anderen Tieren bliebe… Heute bewölkt, Ostwind. Ich glaube, wir kriegen Regen. Wir? Wo habe ich dieses Wort her? Jetzt fällt es mir wieder ein. Das neue Wesen benützt es.
Eva: Montag. Gestern Nachmittag bin ich dem anderen Wesen in einigem Abstand gefolgt, um wenn möglich zu sehen, wozu es da ist. Aber ich konnte es nicht herauskriegen. Ich glaube, es ist ein Mann. Ich habe noch nie einen Mann gesehen, aber es sah so aus, und ich bin mir sicher, dass es einer ist. Nach und nach habe ich gemerkt, dass es vor mir wegläuft. Ich habe es dann verfolgt, stundenlang. Das machte es nervös und unglücklich. Am Ende war es regelrecht verstört und kletterte auf einen Baum. Manchmal bewerfe ich es mit Erdklumpen, wenn es herunterkommt. Wenn dieses Wesen ein Mann ist, dann ist es kein Es, oder? Das wäre grammatikalisch nicht korrekt, oder? Ich glaube, es ist ein Er.
Eva: Hallo?!
Adam: Hallo.
Eva: Du kannst ja sprechen! Das ist ja toll! Ich liebe es zu sprechen!
Adam: Schön.
Eva: Hast du dich hier schon mal umgesehen? Hast du gesehen, wie viele Tiere es hier gibt? Schau, da ist ein Hase. Sieht doch aus wie ein Hase, oder? Und dort….
Adam: Das neue Wesen benennt alles, was daherkommt, bevor ich einen Einwand erheben kann. Und immer mit der gleichen Ausrede- es sieht so und so aus. Es ist ermüdend, sich darüber aufzuregen, und es hat keinen Zweck.
Eva: …und das ist ein Löwe. Sieht absolut so aus wie ein Löwe. *nimmt sich ihr Tagebuch und schreibt* Mittwoch. Wir kommen jetzt wirklich gut miteinander aus und lernen uns immer besser kennen. Er versucht nicht mehr, mir auszuweichen, was ein gutes Zeichen ist und zeigt, dass er mich gern um sich hat. Das freut mich. *klappt Buch zu*Schau …dort sind die Niagarafälle!
Adam: Niagarafälle? Das ist doch nur ein Wasserfall…
Eva: Stimmt. Und ich nenne sie nun „Niagarafälle“!
Adam: Wenn du meinst… und warum?
Eva: Na, das ist doch ganz logisch: Die Niagarafälle sind – wie du richtig erkannt hast – ein Wasserfall. Im Übrigen geht es da ganze 57 Meter runter! Dieser Wasserfall muss ja irgendwo seinen Ursprung haben. Der Fluss, der irgendwann zu den Niagarafällen wird, heißt „Niagarafluss“. Deswegen also „Niagarafälle“. Außerdem sehen sie so aus!
…ein paar Wochen später…
Eva: Du, Adam. Könntest du bitte nicht mehr die Niagarafälle überqueren?
Adam: Warum nicht?
Eva: Ich weiß nicht. Ich finde das irgendwie nicht so gut. Du könntest dir wehtun…
Adam: Ach, ich tu mir nicht weh! Aber um dich zu beruhigen: Ich nehme das nächste Mal ein Boot.
Eva: Nein, bitte auch kein Boot!
Adam: Gut, dann schwimme ich mit einem Feigenanzug auf die andere Seite
Eva: Nein, auch damit nicht! Das hilft doch nicht!
Adam: Dann nehme ich ein Seil zur Hilfe, um mich auf das andere Ufer zu ziehen!
Eva: Sag mal, verstehst du mich nicht? Ich habe ANGST um dich! Ich möchte nicht, dass du auf die andere Seite schwimmst, fährst oder dich ziehst!
Adam: Was soll denn das heißen? Angst?! Was ist das schon wieder für ein komisches Wort von dir? Ich verstehe nie, was du mir sagen willst! Das geht mir gehörig auf die Nerven! Ich gehe!
Eva: Freitag. Ich versuchte noch einmal ihm auszureden, den Wasserfall hinunterzurutschen. Und zwar deshalb, weil mir die Sache ein neues Gefühl offenbart hat, ganz neu und deutlich anders als die Gefühle, die ich bisher kannte- Angst. Und sie ist entsetzlich! Ich wünschte, ich hätte sie nie kennengelernt. Sie bereitet mir düstere Stunden, sie zerstört mein Glück, sie macht mich zittern und schaudern. Aber ich konnte ihn nicht überzeugen, er kennt die Angst noch nicht und so konnte er mich nicht verstehen. Ich aber habe Angst um ihn, weil ich ihn so gern habe.
Eva: Hallo, Adam. Es tut mir leid. Hier, ich habe dir einen Apfel mitgebracht.
Adam: Wir sollen nicht von den Äpfeln nehmen! Das bringt Unglück! Also lass die Äpfel an dem Baum hängen und rühre sie nicht an!
Eva: Adam, ich habe mit der Schlange gesprochen und die hat mir geraten von dem Baum zu essen. Das Ergebnis soll nämlich eine erstklassige, eine glänzende und vortreffliche Bildung sein….
Adam: Ja, aber das würde auch bedeuten, dass du den Tod in die Welt bringen würdest!
Eva: Aber, das wäre doch fantastisch! Du weißt doch, dass ich die Tiere alle so in mein Herz geschlossen habe! Dann können die verzweifelten Löwen und Tiere endlich Fleisch essen – was ja schließlich auch deren Natur ist! Ich sehe doch, dass ihnen der Löwenzahn nicht schmeckt.
Adam: Mittwoch. Ich habe eine abwechslungsreiche Zeit hinter mir. Letzte Nacht bin ich geflohen und die ganze Nacht so schnell wie möglich auf einem Pferd geritten, in der Hoffnung, aus dem Park zu verschwinden und mich in einem anderen Land verstecken zu können, bevor das Unheil losbricht. Aber es sollte nicht sein. Eva hatte die Frucht gegessen.
Eva: Ach, hier bist du! Ich habe dich schon gesucht! Hier, ich habe dir Äpfel mitgebracht! Du musst doch sicherlich Hunger haben!
Adam: Danke! Schmeckt wirklich gut! Ich war aber auch sehr hungrig.
….einige Monate später….
Adam:Freitag.Wir haben es „Kain“ genannt. Eva hat es im Wald gefangen. Ich weiß noch nicht genau, was es für ein Wesen ist…ein Fisch vielleicht? Komisch ist nur, dass das Wesen irgendetwas mit Eva gemacht hat. Sie ist total verändert: Alles dreht sich nur noch um dieses Wesen. Und mir geht einfach nicht die Frage aus dem Kopf, was für ein Wesen dieses Kain sein soll. Vielleicht ja doch eher ein kleines Känguru. Ich würde es gerne aufschneiden und reingucken, aber Eva will es nicht und hat panische Angst um dieses Kain bekommen. Wie lächerlich! Sonst ist sie doch auch immer so neugierig. Und dann freut sie sich so, wenn das Kain seltsame Laute macht. Es klingt fast wie Wörter, aber sehr simple. Es sagt Silben doppelt, das klingt dann ungefähr so: Ma-Ma oder Pa-Pa. Lächerlich.
Eva: Adam, versteh doch endlich: Das ist kein Fisch und kein Känguru. Schau doch mal! Es sieht aus wie wir, nur kleiner!
Adam: Ich sehe ganz sicher nicht so aus! Diese kleinen dicken Ärmchen, die es immer zum Laufen braucht. Es kriecht so seltsam über die Erde. Machen wir sowas etwa auch?
Eva: Er muss das Laufen doch erst lernen.
Adam: Er?!?
Eva: Ja, er ist ein Er, so wie du.
Adam: Nichts an ihm ist wie ich! Schau es dir an! Du machst dich doch lächerlich!
Eva: Aber Adam, das ist doch unser Kind.
Adam: Unser was?!?! Das ist doch schon wieder so ein ausgedachtes Wort von dir!
Eva: Es ist aber das richtige Wort, das weiß ich! Wenn ich ihn ansehe, dann fühle ich ein bisschen das, was ich auch fühle, wenn ich dich ansehe. Aber irgendwie nochmal anders. Mir wird so warm und ich muss lächeln.
Adam: Wenn er ein Kind ist, was bin dann ich?
Eva: Du bist ein Vater, und ich bin eine Mutter. Ich glaube, sowas ist Gott auch für uns beide und für Kain glaube ich auch.
Adam: Wie kommst du denn auf sowas?
Eva: Also irgendwie ist da was, was uns so zusammenhält. Dich und mich, und auch Kain und mich und ich glaube auch dich und Kain. Und irgendwie hält mich sowas Ähnliches auch mit Gott zusammen. Ich glaube, wenn es mehr von uns gäbe, dann würden wir das ganz oft sowas beobachten können. Menschen, die etwas zusammenhält. Ich weiß nicht, woher ich das weiß, aber da sind so Worte in meinem Kopf: Schwestern, Freunde, Großeltern, Nachbarinnen, Brüder, Patinnen, und so viel mehr. Seit Kain da ist, weiß ich, dass dieser Zusammenhalt nicht nur zwischen dir und mir, zwischen einem Mann und einer Frau ist. Sondern in so vielen Formen und Farben. Ich glaube, man kann in ganz vielen Menschen dieses eine Etwas finden. Ach Mensch, das Wort liegt mir auf der Zunge! Warum finde ich es nicht?
Adam: Eva, ich glaube, ich kenne das Wort, das du suchst. Gott hat es gesagt. Und vielleicht, ganz vielleicht, gehört es zu diesen Worten, mit der er diese Welt geschaffen hat. Ich glaube, das was du sagen willst, das Wort, das du suchst, ist Liebe.
Eva: Ja, genau das ist es! Liebe! Natürlich! Ich liebe dich und ich liebe Kain!
Adam: Ich glaube, die Liebe war schon immer da. Wir wussten das Wort nur nicht. Die Liebe muss ganz am Anfang dagewesen sein. Gott hat uns zuerst geliebt, und aus seiner Liebe sprudelt unsere Liebe heraus.
Eva: Das hast du schön gesagt. Die Liebe war von Anfang an da. Und die Liebe höret nimmer auf. Die Liebe kommt einfach und man kann sie nicht erklären.
Adam: Die Liebe ist geduldig. Du hast so lange gewartet, bis ich mit dir gesprochen habe. Gut, dass du so beharrlich warst.
Eva: Die Liebe ist gütig. Ich spüre, dass Gott sich noch um uns kümmert, dass er uns liebt, auch wenn wir nicht mehr im Garten sind. Gottes Liebe ist stärker als alles andere. Kein Apfel kann uns von der Liebe Gottes trennen.
Adam: Die Liebe erträgt alles. Wir haben uns so oft gestritten. Und irgendwie immer wieder zueinander gefunden.
Eva: Die Liebe glaubt alles. Und ich glaube an die Liebe. Ich glaube, dass Gott selbst die Liebe ist, und wenn wir in ihm bleiben, dann bleiben wir auch in der Liebe.
Adam: Die Liebe hofft alles. Ich hoffe, dass meine Kinder und Kindeskinder und alle, die nach uns kommen, die Liebe nicht vergessen, wenn sie einander begegnen.
Eva: Am Ende aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Doch die Liebe ist die größte unter ihnen.
Adam: Ich begreife nach all dieser Zeit, dass ich mich in Eva getäuscht habe; außerhalb des Gartens mit ihr zu leben ist besser als im Garten ohne sie. Zuerst dachte ich, dass sie zu viel redet, jetzt würde es mir leidtun, wenn diese Stimme verstumme und nicht mehr Teil meines Lebens wäre. Gepriesen sei der Apfel, der uns zusammenführte und mich gelehrt hat, die Güte ihres Herzens und die Anmut ihres Geistes zu erkennen! Ich liebe ihre lebhafte und freundliche Art! Ihr Lächeln! Ihr Gerede! Einfach Alles!
Eva: Nachdem ich aus dem Garten vertrieben worden bin, habe ich gemerkt: Ich liebe Adam! Wenn ich mich frage, warum ich ihn liebe, stelle ich fest: Ich weiß es nicht! Und im Grunde, ist es mir auch egal, es zu wissen! Er ist stark und hübsch und dafür liebe ich ihn. Und ich bewundere ihn für sein handwerkliches Geschick, und ich bin natürlich stolz auf ihn, dass er die Familie so gut umsorgt, aber ich würde ihn auch lieben, wenn er all das nicht wäre. Wenn er klein wäre, würde ich ihn lieben; wenn er schwach wäre, würde ich ihn lieben. Ich glaube, ich liebe ihn einfach nur, weil er MEIN ist! Er ist, wie Gott ihn erschaffen hat, und das ist genug!
Adam: Eines Tages ist meine geliebte Eva gestorben. Und auf ihren Grabstein habe ich geschrieben: Wo auch immer sie war, dort war Eden!“
Mein Name ist Ann Cathrin Horstmann und ich bin 35 Jahre alt. Meine Devise ist: „Mit Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit durchs Leben gehen“ und als begeisterter Jesus Fan ist mein Lieblingsvers: Mit Christus kann ich alles. Meine Freunde und Familie schätzen an mir meine ehrliche, offene, zuvorkommende und mitfühlende Art. Trotz meiner körperlichen Einschränkung bin ich ein positiv eingestellter Mensch und erledige alle Arbeiten selbstständig. Zurzeit nehme ich am theaterpädagogischen Projekt „Work Art“, bei defakto GmbH in Göttingen, teil. Drei Bereiche werden im Projekt unterstützt: 1. Theater, 2. Gesundheit und 3. Jobcoaching. Mein erstes Kurzpraktikum bei „Work:art“ habe ich bereits erfolgreich abgeschlossen und beginne bald in der Christophorusgemeinde mein 5-wöchiges Praktikum. Frau Pastorin Scheller habe ich bereits kennengelernt und wurde von Ihr u. a. a. durch die Kirche geführt. Da mir immer wieder eine hohe Sozialkompetenz rückgemeldet wird, kann ich mir eine Arbeit im diakonischen oder kirchlichen Bereich vorstellen. Hierbei spielt mein tief verwurzelter Glaube eine sehr große Rolle: sowohl persönlich (ich kam als Frühchen mit einer Hirnblutung im 5 Monat zur Welt) als auch beruflich. Gott hat mir viel Willenskraft und das Leben geschenkt. Zudem wurde mein Glaubensfundament zu großen Teilen von einigen meiner Großelternteile, meinen Eltern und meinen Konfirmandenunterricht gelegt. Ich selbst besitze eine HFA Bibel, lese sehr gerne darin, aber auch in der Online-Bibel, höre gerne Podcasts und Hörbücher über die Offenbarung oder über die Genesis. Mein Lieblingspsalm und wichtige Kraftquelle ist der 23 Psalm, weil mein Konfirmandenspruch darin ist (Vers 4) und der Konfirmandenspruch meiner Oma väterlicherseits. Ich freue mich sehr auf mein Praktikum und blicke mit Zuversicht auf die vielen Begegnungen und Erfahrungen.
von Anne Dill und Charlotte Scheller. Die Predigt wird in Hardegsen und in Christophorus zu hören sein.
Mose. Der Weg runter ist mühsamer als der bergauf. Er spürt seine Knie bei jedem Schritt. Seine Hände spürt er nicht mehr. Sie halten die Tafeln umklammert, die Finger rau vom Stein und taub vom Werkzeug, mit dem er die Worte eingegraben hat, die zehn Worte, Gottes Wegweiser zum Leben für sein Volk. Die ersten Tafeln hat der Allmächtige selbst beschrieben mit seiner göttlichen Hand. Und er, Mose, als er vom Berg runterkam, erfüllt von der Begegnung mit dem Höchsten, hat die Tafeln wütend von sich geworfen und zerschmettert. So zerschmettert war er selbst von dem, was er sah. Seine Leute, Gottes Volk, im Tanz, im Gebet niedergeworfen vor einer Statue aus Gold. Ein Kalb, mein Gott! Sie hatten seine Unterredung mit dem Herrn nicht abwarten können, hatten es nicht mehr ausgehalten in der Wüste ohne Plan. Hatten ihren Schmuck eingeschmolzen und sich selbst einen Gott geschmiedet. Mose hatte sein Herz, seine Hände nicht im Griff gehabt, als er das sah, und alles hingeschmissen. Sollten sie ihren Mist allein machen. Sollten sie sehen, wo es sie hinbrachte, wenn sie dem Herrn, ihrem Gott, untreu wurden.
Später hat es ihm Leid getan. Er hat für sie gebetet, für sein geliebtes, eigensinniges Volk. Was sollte es denn sonst sein, wenn nicht Gottes Volk? Aber irgendwas ist anders geworden. Der Allmächtige wohnt nicht mehr bei ihnen, er besucht sein Volk bloß, der Herr kehrt ein in dem heiligen Zelt, wenn Mose da hineingeht. Dann sieht man eine Wolkensäule über dem Zelt stehen, kein Kalb, kein Gold, nicht mal Stein, bloß ein Zelt und eine Wolke, die von Gott weiß wo her geweht sein könnte. Es wird ihrem Glauben einiges abverlangt.
Moses Griff um die Tafeln wird fester. Er hat das Wiedersehen herbeigesehnt. Wieder Essen und Trinken und Reden nach vierzig Tagen Fasten und Schweigen. Wieder Blickkontakt, seiner Frau in die Augen sehen nach knapp sieben Wochen im gleißenden Licht von Gottes Gegenwart. Wer das Gesicht des Höchsten sieht, hat der Herr gesagt, muss sterben. Du kannst bloß seiner Herrlichkeit hinterherschauen. Wenn du hoch genug hinaufgestiegen bist und lange ausgehalten hast, nur mit der Hand des Allmächtigen als Schutz.
Moses Schritte werden langsamer. Denn wieder runterkommen heißt auch, in den Alltag zurückgehen. Einen Weg finden durch die Wüste ins Gelobte Land. Lösungen suchen für tausend Alltagsprobleme. Gefahren abwehren. Wilde Tiere. Böse Gedanken. Mangel an Wasser und Brot. Er muss die Hoffnung hochhalten. Die Motivation stärken. Die Gesellschaft zusammenhalten. Ihnen Gottes Wort vor Augen halten, die zehn Worte, den Kompass für den Weg durch die Wüste und das ganze Leben. Seine Schritte sind schwer. Sein Körper ist müde vom Weg. Seine Seele hinkt hinterher, ist noch irgendwo unterwegs zwischen dem Berg und dem, was hier unten ist.
Jetzt ist er fast da. Das Lager. Ein paar Kinder kommen ihm entgegen gerannt. Als sie ihn sehen, machen sie kehrt. Kein Wunder, er muss wild aussehen mit dem Staub und der Bergsonne von vierzig Tagen in seinem Gesicht.
Sonja. Mit mulmigem Gefühl geht sie durch die große Eingangstür, fragt nach der richtigen Station, nimmt den Fahrstuhl. Nach oben, 5. Stock rechts. Sie ist nicht gern im Krankenhaus. Die Gerüche, die vielen Kranken, die weißen Kittel machen sie immer ganz beklommen. Dann kommt sie vor der richtigen Tür an. Sie zögert. Muss sich regelrecht überwinden. Dann hebt sie die Hand und klopf zaghaft. Herein, erschallt es von innen. Sie drückt die Klinke runter, betritt den Raum. Da liegt die Freundin. Sicher, sie hatte gewusst, dass es ihr nicht gut geht. Aber so... Ihr Blick fällt auf die vielen Schläuche, das blasse Gesicht. Sie weiß nicht, was sie sagen soll. Die Freundin lächelt sie an. Ein mühsames Lächeln ist es, aber voller Wärme. Die Besucherin zieht sich einen Stuhl ans Bett. Hallo, sagt sie leise. Ich wollte nach dir gucken. Die im Bett nickt. Dann schweigen sie. Schließlich schläft die Freundin ein. Die Besucherin bleibt noch eine Weile auf dem Stuhl sitzen. Rührt sich kaum, aus Angst, die andere wieder aufzuwecken. Insgeheim ist sie ganz froh, dass sie nicht reden müssen. Schließlich verlässt sie auf Zehenspitzen den Raum. Im Auto überfällt sie das schlechte Gewissen. Nun warst schon da und du hast nicht mal auf die Reihe gekriegt, dich eine halbe Stunde zu unterhalten. - Was bist du nur für eine Freundin? In den nächsten Tagen denkt sie oft an den Besuch im Krankenhaus. Ihr Herz ist schwer. Sie fühlt sich wie in einem dunklen Tal.
Dann klingelt das Telefon. Die Freundin ist dran. Danke, sagt sie. Danke, dass du da warst! Allen anderen texten mich immer zu. Dass es schon besser werden wird. Dass die Sonne scheint. Und was es zu essen gab. Aber mit dir konnte ich einfach schweigen. Selbst durchs Telefon spürt sie, dass die andere lächelt. Und da legt sich auch auf ihr Gesicht ein Glanz.
Susanne. Endlich, sagt sie leise und atmet tief durch. Es muss eine Ewigkeit her sein, dass sie die Sonne zuletzt gesehen hat. Sie bleibt stehen, hält ihr Gesicht in den Himmel, spürt, wie das Licht ihre Stirn glattstreicht. Sie geht weiter, ihre Schritte leicht wie seit Tagen nicht. Trotz der Müdigkeit. „Dir scheint‘s ja gut zu gehen“, sagt ihr Kollege zur Begrüßung und sie merkt jetzt, dass sie grinst wie ein Honigkuchenpferd. „Ist was passiert?“, fragt er und ihr Grinsen vertieft sich. „Nö“, antwortet sie, setzt ihren Rucksack ab und schaltet den Computer ein. Dass man es ihr ansieht, hätte sie nicht gedacht. Es lässt sich einfach nicht verbergen, das Grinsen. Dabei ist wirklich nichts passiert. Nichts, was man erzählen könnte jedenfalls. Da war dieses Schweigen, über Wochen hat ihr Sohn nicht mit ihr geredet. Sie hat genau gemerkt, dass ihn was bedrückt. So wie er am Tisch gesessen hat, die Kapuze ins Gesicht gezogen, als ob ihm kalt wär in der geheizten Wohnung. Wie er auf seinem Teller rumgestochert hat, sogar wenn sie sein Lieblingsessen gekocht hat. Wie er ausgewichen ist, wenn sie gefragt hat, wie es ihm geht. Okay, hat er gesagt und sie hat genau gewusst, dass das nicht stimmt. Dass gar nichts okay ist seit ihrem Streit, seit sie so sauer geworden ist und ihn angeschrien und er die Tür zugeschmissen hat. Letzte Nacht hat er wieder dagesessen. Hat sein Glas mit der Cola hin und her gedreht in seinen Händen und geschwiegen. „Es tut mir Leid“, hat sie gesagt. „Bitte verzeih“. Er hat nichts gesagt. Ist zum Kühlschrank gegangen und hat die Colaflasche geholt. Sie hat geseufzt. „Ich geh schlafen“, hat sie gesagt. Und leise, als sie schon in der Tür war: „Ich hab dich lieb“. – „He, warte doch mal“, hört sie ihn plötzlich. „Ich muss dir noch was erzählen. Die Prüfung“, sagt er, „ich darf sie wiederholen“. Sie hat sich umgedreht, die Türklinke losgelassen und sich wieder an den Tisch gesetzt. Ihr Herz hat geklopft. Sie hat ihn angesehen. Er hat gegrinst. Sie hat sich auch ein Glas Cola eingeschenkt. Dann hat sie wachgelegen, ob es nun an der Cola lag oder an ihren Gedanken. Er redet wieder. Er hat mir verziehen. Danke, Gott. Danke, danke, danke!
Jannik. Der Enkel schaut den Opa an. Er sieht die müden Augen, die zittrigen Hände, die geschwollenen Beine. Es tut ihm weh zu sehen, dass der Opa nicht mehr so kann und wie beschwerlich sein Leben geworden ist. Wie geht es dir, fragt er und überlegt nebenbei, was er überhaupt antworten kann auf so viele Beschwerden.
Ach, sagt der Neunzigjährige, ganz gut. Heute Morgen konnte ich endlich wieder die Losungen lesen. Ich habe nur eine halbe Stunde gebraucht.
Eine halbe Stunde für ein paar Worte, denkt der Enkel. Er schaut den Opa an. Auf dessen Gesicht liegt ein stiller Glanz. Er strahlt Dankbarkeit aus und Ruhe, trotz aller Beschwerden. Geborgenheit in Gott. Der Jüngere bemerkt es und ist angerührt. Er bewahrt das kurze Gespräch noch lange in seinem Herzen. Und manchmal, wenn ihm alles zu viel wird, dann denkt er an den Opa, an seine Dankbarkeit, sein Aufgehobensein in Gott.
Mose. Er ist fast angekommen bei seinen Leuten. Jetzt kommen ihm Erwachsene entgegen. Sein Bruder Aaron und andere von den Ältesten. Mose sieht den Schrecken in ihren Augen. „Dein Gesicht“, murmelt Aaron, „es glänzt wie die Sonne“. – „Komm her“, sagt Mose und breitet die Arme aus. „Kommt alle her zu mir!“ Sie tun, was er sagt, obwohl ihnen die Furcht in den Augen steht. Irgendwas muss mit seinem Gesicht geschehen sein durch die Gottesbegegnung auf dem Berg. Ein schmaler Hang vor dem Lager. Sie setzen sich, Männer und Frauen, Mose und alle, die ihm entgegengegangen sind. Mose zeigt ihnen die Tafeln. Liest ihnen vor. Gottes Wort. Die Zehn Gebote. Gottes Ja zu ihnen trotz allem. Wenn ihr mit mir gehen wollt durch die Wüste ins Gelobte Land, sagt Gott, hier geht es lang. Gott den Herrn lieben. Keine anderen Götter haben. Den Feiertag heiligen. Vater und Mutter ehren. Ehrlich sein. Dem Nächsten lassen, was ihm gehört. Das ist die Anleitung. Die große Chance zum Leben mit Gott.
Und ich? Ich war noch nie 40 Tage ununterbrochen mit Gott im Gespräch auf einem heiligen Berg. Die meiste Zeit bin ich eher unten, in der Ebene, im Alltag. Mose hat sich gewünscht, Gott sehen zu dürfen. Hat sich nicht zufriedengegeben nur mit Gottes Worten. Wollte ihn sehen mit eigenen Augen. Das kann ich verstehen. Gerade im Alltag, im normalen Trott, brauche ich ihn, will wissen, dass er mit mir ist. Ich sehne mich nach Geborgenheit, nach Gottes Nähe, nach Aufgehobensein in ihm.
Mose hat das erlebt. Erst auf dem Berg und später unten im heiligen Zelt. Immer wieder ist er hineingegangen, um mit Gott zu reden. Da musste er keine Decke über dem Gesicht tragen. Vor Gott konnte er sein, so wie er ist. Mit dem Glänzen auf seinem Gesicht, und vielleicht auch mit Sorgen im Herzen. Alles hat er mit Gott beredet. Und der Glanz auf seinem Gesicht ist geblieben.
Wir brauchen keinen Berg, kein heiliges Zelt. Eine geht vor dem Gottesdienst zum Gebetsleuchter. Zündet eine Kerze an und bringt ein Anliegen vor Gott. Ein anderer findet seinen Raum mit Gott in der Stille. Eine liest jeden Morgen die Losungen. Ein anderer guckt in die Bibel-App auf dem Handy. In so einem Moment kann ich ganz ich selbst sein. Muss mich nicht verstellen, brauche keine Decke über meinem Kopf. Ich bin da und Gott ist auch da. Und etwas von seinem Glanz kann übergehen auf mich.
Und wenn mir Gott trotz allem fern scheint? Es gar nicht zum Leuchten ist in meinem Leben?
Dann kann ich auch das vor Gott bringen. Ihn um seine Nähe bitten. Oder sie mir zusprechen lassen mit einem Segen. Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.
von Charlotte Scheller. Audio unter diesem Beitrag mit einem Gebet von Pastorin Anne Dill Danke, dass Sie zurückrufen, sage ich. So spät noch, nach Feierabend. Haben Sie zwei Minuten? - Ja sicher, sagt er. Ich erkläre ihm die Lage. Er ist Arzt, aber mir geht es nicht um Medizin, ich brauche einen Rat. Er hört zu. Wägt ab. Nimmt behutsam Stellung. Aber dann sagt er: Die Verantwortung nimmt Ihnen keiner ab. Es sind schwierige Zeiten. Sie müssen selbst entscheiden. Beten Sie darüber, bringen Sie Ihre Frage vor Jesus! Ja, sage ich. Das mach ich. Danke.
Deshalb hab ich ihn angerufen. Weil er sachlich ist und nüchtern. Und weil er Christ ist. Manchmal kann ich mir das entscheidende Wort nicht selbst sagen. Es braucht einen andern, der mich an Gottes Wort erinnert. Nicht bloß in der Kirche, auch im Leben. Da vor allem. „Ich schäme mich des Evangeliums nicht“, schreibt Paulus den Römern, „denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben. Die Juden zuerst und dann die Griechen“. Offenbar war es zu Paulus' Zeit schon peinlich in gewissen Situationen, vom Evangelium zu reden. Offenbar ist es das immer noch. Dass einer vom Glauben spricht, nicht in der Kirche, sondern draußen, auf der Straße zum Beispiel, in der Arztpraxis oder im Einkaufsladen, dass eine Jesus ins Spiel bringt, wenn es darum geht, eine Alltagsfrage zu beantworten oder einen Knoten in der Seele zu lösen, das kommt selten vor.
Matthäus erzählt von einem Gespräch auf der Straße. Kapernaum, Ortseingang. Auf der einen Seite Jesus mit seinen Leuten. Ins Gespräch vertieft, denk ich. Sie kommen vom Berg, Jesus hat lange gepredigt. Selig sind die Barmherzigen. Liebt eure Feinde. Wenn dich einer nötigt, eine Meile mitzugehen, geh zwei mit ihm. Klug ist, hat Jesus gesagt, wer meine Rede hört und danach lebt. Eine Menge Leute haben zugehört, Neugierige, Sinnsuchende, Bedürftige.
Jetzt kommt ein anderer auf ihn zu. Er passt nicht ins Bild. Ein Hauptmann der Garnison des römischen Herrschers Herodes Antipas. Die Stadt liegt im Grenzgebiet. Die Begegnung ist grenzwertig. Der Wanderprediger mit seiner bunten Truppe, in Sandalen und staubigem Umhang. Und der Soldat mit Helm, Schwert und Schild. Herr, sagt der Hauptmann. Dann fällt er mit der Tür ins Haus. Mein Knecht liegt zu Hause, gelähmt, er quält sich fürchterlich! Jesus bleibt stehen. Soll ich etwa kommen und ihn heilen? Das ist ganz normal aus seiner Sicht, ein Rabbi der jüdischen Gemeinde darf das Haus eines Nichtjuden, eines Unreinen nicht betreten. Der Hauptmann weiß das. Er baut Jesus eine Brücke. Herr, ich bin es nicht wert, dass du unter mein Dach gehst. Aber sprich nur ein Wort, dann wird mein Knecht gesund!
Der Hauptmann ist eingespannt zwischen Oben und Unten, ein Rädchen im Getriebe. Er muss gehorchen und wenn er befiehlt, tun es seine Untergebenen. Geh hin! – Komm her! – Tu das! Er macht seinen Dienst, sachlich und nüchtern. Aber jetzt hat etwas anderes Vorrang. Jetzt treibt ihn das Mitgefühl. Herr, mein Knecht leidet Qualen! Gut, wenn Vorgesetzte so mit ihren Mitarbeitenden umgehen!
Offenbar ist für ihn Jesu Vollmacht eine ebenso klare Sache zwischen Oben und Unten. So wie er seinen Knechten befehlen kann im Namen des Kaisers, so traut er Jesus zu, der Krankheit zu befehlen im Namen des Allmächtigen. Komm her! Geh weg!
Aber. Wenn ich krank wäre, wenn ich zu Hause liegen würde und mich nicht bewegen könnte, wenn ich mich quälen würde mit all den Schmerzen und der Einsamkeit, mit all den Selbstvorwürfen, weil irgendwas muss ich doch falsch gemacht haben, und den Fragen, wie es weitergehen soll, wenn - dann würde ich mich womöglich nicht ernst genommen fühlen von Jesus. Mir wäre wohl einer, der meiner Krankheit befiehlt abzuhauen, noch dazu von ferne, eher suspekt. Aber offenbar geht es in der Geschichte nicht vorrangig um den kranken Mitarbeiter. Zu allererst geht es um den Hauptmann. Um sein Vertrauen in Jesu Kompetenz. Um sein Mitleid und sein Verantwortungsgefühl.
Jesus ist überrascht. Zunächst antwortet er dem Hauptmann nicht. Er redet mit denen, die mit ihm unterwegs sind. Wirklich, solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden! Einer, der nicht zur Gemeinde gehört, einer mit einer ganz anderen Weltanschauung zeigt uns, was Gottvertrauen ist! Das ist erst der Anfang, sagt Jesus und greift auf, was immer Israels Hoffnung gewesen ist. Die Vision in Zeiten der Gottverlassenheit: Einmal werden alle Gottes Macht erkennen. Einmal werden alle kommen, von Osten und von Westen, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, und sich an einen Tisch setzen mit den Glaubenden aller Zeiten!
Das Gottesvolk hat den Glauben nicht gepachtet. Ich stelle mir vor, der Hauptmann würde mir heute begegnen. Ein Offizier. Er gehört nicht zur Kirche, aber er hat viel zu sagen zum Sinn des Daseins. Er praktiziert Nächstenliebe. Setzt sich ein für ein respektvolles Miteinander bei der Truppe. Er kriegt mit, wenn einer seiner Untergebenen sich quält. Er hält Ausschau nach Hilfe. Vielleicht mag er nicht tiefer einsteigen in diese Glaubenssachen, aber Jesus ist für ihn eine gute Adresse. Herr, ich hab gehört, du kannst Menschen gesund machen. Du brauchst nicht gleich zu mir nach Hause zu kommen. Aber sag was zu meinem Mitarbeiter. Schick deine Gotteskraft zu ihm, damit er sich nicht mehr quält.
Jesus weist den Hauptmann nicht ab. Obwohl er doch zuerst gefragt hat: Soll ich etwa in dein Haus kommen? Jesus ergreift das Bisschen Glauben und jetzt ist er es, der befiehlt: Geh hin! Dir geschehe, wie du geglaubt hast! Genau in der Stunde wird der Knecht gesund. Nicht weil er selbst irgendwas geglaubt oder gesagt oder getan hätte. Bloß weil sein Hauptmann Jesus zugetraut hat, dass er ihn gesund macht aus Gottes Kraft.
Herr, ich bin nicht würdig. Aus der katholischen Abendmahlsliturgie kenne ich diese Worte. Nahe gekommen sind sie mir in Taizé. Ein ökumenisches Jugendtreffen in der Weite Burgunds. Es sind mehrere tausend Jugendliche da. Sie reden über Gott und die Welt, über Bibelworte und ihr eigenes Leben heute und was sie damit anfangen sollen. In der Kirche treffen sich alle zum Gebet. Morgens wird Abendmahl gereicht. Das Brot wird gebrochen. Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt. Und dann die Antwort, von tausend Stimmen gemurmelt, in hundert Sprachen: Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund. So weit ich mich manchmal entfernt sehe von Gott, von meinen Mitmenschen, von mir selber, so klamm und starr sich manchmal mein Körper anfühlt oder meine Seele, so sehr bin ich aufgehoben in diesen Worten. Sie sind heilsam wie das Zeichen, das gebrochene und geteilte Brot. Wie ein Mensch, der mir zuhört, der den Gesprächsfaden nicht abreißen lässt, der zu mir sagt: Komm her mit dem, was dich belastet und lähmt.
Kennen Sie HioB? Eine Initiative hier in Göttingen. Der Name erinnert an den Mann in der Bibel, der alles verloren hat. Der mit Gott hadert und mit seinen Freunden streitet und doch am Schöpfer festhält. Zuletzt kehrt das Leben zurück in sein Haus. Gott schenkt ihm neues Glück. Der Name der Initiative ist auch eine Abkürzung. Hilfe ohne Bedingungen. Im Haus Hiob können Menschen unterkommen, die auf der Straße leben oder gerade aus ihrer Wohnung geflogen sind. Die in Göttingen keine Chance auf eine Wohnung haben. Jeder kann anrufen. Für jede Notlage wird eine Lösung gesucht. Ehrenamtliche kümmern sich um die Hilfesuchenden. Ein Arzt versorgt sie. Ich habe eingangs von ihm erzählt. Ein Mensch ist für den andern da in Jesu Namen. Ohne Kirchenmitgliedschaftsbescheinigung. Ohne irgendwelche Bedingungen.
Dir geschehe, wie du geglaubt hast. So verabschiedet Jesus den Hauptmann und der Knecht wird gesund. Was kann ich lernen vom Hauptmann? Meine Bitten und die Sorgen um andere zu Jesus tragen. Meine Fragen, meinen Kummer, meinen Zwiespalt ins Gebet nehmen. Was kann ich lernen von Jesus in dieser Begegnung? Mich immer wieder öffnen. Über die Kirchenmauern hinaus schauen. Den Glauben, das Vertrauen in meinem Gegenüber wahrnehmen, selbst wenn es nur eine klitzekleine Spur sein sollte. Und Gott zutrauen, dass er den Knoten löst. In meiner Seele und, wenn nötig, in der meines Gegenübers. Amen.
Audio unter diesem Beitrag Was ist Weisheit? Die heiligen drei Könige sind weise, weil sie den Stern entdecken und ihm folgen von wer weiß wie weit weg. Und dann nochmal, weil sie vor einem augenscheinlich ganz unköniglichen Kind die Knie beugen. Und die Kronen abnehmen. Sie sind auch weise, weil sie auf Gottes Wort hören. Sie lassen davon ihre Pläne durchkreuzen und ändern ihren Weg, um das Leben des Kindes zu schützen.
Auch Maria ist weise, weil sie die Worte der Engel in ihrem Herzen bewahrt. Weil sie warten kann und schweigen und im richtigen Moment das Richtige sagt, kurz und knapp. „Sie haben keinen Wein mehr“. Jesus lässt sie auflaufen. Sie könnte sich respektlos behandelt fühlen von ihrem Sohn, aber dann ist sie nochmal weise und wartet einfach ab. Dass Gottes Geist ein Wunder wirkt, dass Jesus seine Macht erweist. Nicht direkt als Lebensretter, aber als Retter des Festes, des Genießens, der Lebensfreude.
Ein unscheinbares Zeichen für einen, der mal entscheidend sein wird für das ganze Leben. Denn letztlich geht es ums Ganze. Für Paulus jedenfalls, der als Gelehrter die Weisheit mit Löffeln gefressen hat und dann von einem ganz neuen Geist ergriffen wurde. Für ihn geht es um Leben und Tod, seit er Jesus begegnet ist. Um Blindsein oder Sehen, nicht bloß mit den Augen, sondern mit Herz, Verstand und Händen. Der ganze Mensch sieht, wenn er von dieser gelehrten Blindheit geheilt ist wie Paulus. Jesus Christus ist jetzt seine Weisheit. Die hat er nicht in den Büchern gefunden, sondern in dieser einen umwerfenden Begegnung vor Damaskus. Saulus hieß er da noch, er war unterwegs in die Stadt, um dort die Glaubens-Verirrten zu bekämpfen. Die Christus-Anhänger. Ein Licht stoppt ihn. Eine Stimme berührt ihn. Geblendet fragt er: Herr, wer bist du? - Ich bin Jesus, den du verfolgst. Eine einsame Vision, die Soldaten, die ihn begleiteten, haben das Licht nicht gesehen.
Den Königen brachte ein Traum die Klarheit. Ein Engel Gottes sagte ihnen, wo es langgeht. Bei Maria war es das Leuchten in den Augen der Hirten am Futterkrippenbett ihres Neugeborenen. Vom Engelsgesang erzählten die. Himmlische Heerscharen, die lobten Gott und sagten zu ihnen, zu den Hirten: Fürchtet euch nicht! Große Freude! Euch ist heute der Heiland geboren! Marias Weisheit ist, was die Hirten ihr sagten. Das hat sie in ihrem Herzen vergraben bis zu diesem einen, eigentlich nicht schlimmen, bloß peinlichen Moment bei der Hochzeit. Peinlich für den Gastgeber, denn der ist verantwortlich dafür, dass die Gäste sich amüsieren. Große Freude! Der Sommelier ist mit seinem Kellnerlatein am Ende, als der Wein zu Ende geht. Aber Maria, die Mutter, weiß: Jesus kann helfen. Damit weiß sie sehr viel. Nicht bloß über ihren Sohn. Auch über Gott.
Es gibt ja nun aber unendlich viel, was wir nicht wissen über Gott und was wir nicht verstehen über uns selbst und über unser Leben. Wir wissen nicht, warum Gott zulässt, dass es genau so läuft und nicht anders. Warum genau in diesem Moment der Spaß aufhört beispielsweise wie auf der Hochzeit zu Kana. Warum einer genau an diesem Tag blind wird und stürzt beispielsweise wie Saulus vor Damaskus. Warum eine nirgends richtig dazugehört, sondern außenvor bleibt, sich unansehnlich fühlt und unbeholfen beispielsweise wie die Hirten vor Bethlehem. Wie soll man sich zurechtfinden im Leben bei so viel Nichtwissen? Die Hirten kriegen zur Antwort: Genau euch ist heute der Heiland geboren.
Hier treffen sich der Evangelist Lukas und der Theologe Paulus. Lukas wird ja auch Der Arzt genannt und ein Arzt soll wohl wissen, wo Heilung herkommt. Direkt nach „Euch ist heute der Heiland geboren“ schreibt Lukas weiter: „welcher ist Christus, der Herr“. Und der Gelehrte Paulus schreibt: „Ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, ihn, den Gekreuzigten“.
Moment, das geht mir zu schnell. Geburt. Hochzeit. Und jetzt schon Kreuzestod? Wir haben noch Weihnachtszeit, Epiphaniaszeit, Morgenstern- und Licht-Zeit. Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude! Der Baum ist noch in der Kirche, die Krippe steht noch da. Die weisen Könige mögen auf dem Heimweg sein. Mit der guten Nachricht in die Welt hinaus, auf Umwegen, sie gehen nicht über Los, ziehen nicht im Palast von Herodes viertausend Silbergroschen ein. Maria und Josef und das Jesuskind sind auf der Flucht, Richtung Ägypten. Dann sind sie zurück. Jesus ist erwachsen und sie feiern, auf der Hochzeit in Kana. Urplötzlich leuchtet die besondere Kraft von Marias Sohn auf und ein paar außergewöhnlich weise Leute begreifen: Er kommt von Gott. Jetzt ist die gute Zeit!
Was macht, dass die einen begreifen und die andern nicht? Paulus schreibt den Korinthern. Sie liegen ihm am Herzen. Er hat ihnen die gute Nachricht gebracht. Das Geheimnis Gottes. Jetzt streben manche in der Gemeinde nach tieferer Erkenntnis. Einige dort halten sich schon für glaubensvollkommen. Sie denken, sie wissen alles über Gott und die Welt. Und begreifen offenbar überhaupt nichts. Es geht ja nicht darum, was wir wissen können. Es geht darum, an wen wir uns wenden können. Wie eine weitermachen kann, wenn die Freude sich weggeschlichen hat aus ihrem Leben und sie nicht weiß, wozu sie morgens aufstehen soll. Es geht darum, wie einer sich hochrappeln kann, wenn er brutal abgestürzt ist, wie er wieder gehen lernen soll mit all den Abschürfungen und Wunden, wieder irgendwas sehen, wo er total im Dunkeln tappt. Es geht darum, wie du Anschluss kriegst an die Leute, zu denen du unbedingt dazugehören willst, und wie du dich erstmal selbst ansehnlich und liebenswert finden kannst. Es geht um den Plan, den Schlüssel, den irgendwer haben muss zu meinem Leben und zu dieser ganzen Welt.
Offenbar meinen diese Leute in Korinth, sie haben den Schlüssel. Der Weisheit letzten Schluss. Und offenbar meint Paulus, sie haben ihn nicht. Weil kein Mensch den haben kann. Wirkliches Wissen über Gott und die Welt kannst du nicht in geistlicher Übung herbeiführen und auch nicht logisch beweisen. Ich weiß gar nichts, meint Paulus, außer Jesus Christus, den Gekreuzigten. Das klingt schwach. So schwach wie sein Auftreten in Korinth. Man erinnert sich dort nicht an einen begnadeten Prediger. Es war bloß ein furchtsamer Typ da, der zitternd vor der Menge stand. Aber ausgerechnet der hat Weisheit gebracht. Ein Wissen, das wirklich weiterbringt. Weil es nicht von ihm ist. Auch nicht von denen, die das Sagen haben in der Welt. Politische Machthaber oder dämonische Kräfte, beide werden vergehen. Wie wahr, Paulus, immer noch. Die Kräfte der Regierenden reichen bis heute nicht aus, um die Probleme der Menschheit zu lösen. Statt dessen entfalten gefälschte Nachrichten und Bilder scheinbar uneingeschränkt ihre zerstörerische Macht. Sie helfen nicht.
Was hilft, woran können wir uns halten mit unserer Sehnsucht nach Glauben und Leben, was ist unsere Weisheit? Euch ist heute der Heiland geboren, Christus, der Herr. In Windeln gewickelt. In einem Stall untergebracht. Geflohen und zurückgekommen. Voller Lebensfreude. Mit denen am Feiern, mit denen sich keiner an den Tisch setzt. Mit denen im Gespräch, die schon verstummt waren. Selber verraten und verkauft und gekreuzigt. Zuletzt zum Leben auferweckt, damit wir Licht sehen. Dass Gott existiert und wie Gott ist, davon haben wir keine Ahnung. Außer durch ihn. Er ist für uns geboren.
Was ist also Weisheit? Dass wir in Jesus etwas sehen von Gottes Gedanken für uns. Von den Abgründen, auf die Gott sich einlässt, um uns nahe zu sein. Von dem Glück und dem Ziel, das Gott für uns bereit hat. Können wir das wissen? Nein. Bloß glauben. Und wenn wir nicht glauben können? Wenn wir uns wer weiß wie weit weg fühlen von Gott? Vielleicht treffen wir auf eine, die uns erstmal bloß die Hand reicht und ein paar Schritte mit uns geht. Bis wir sehen, wie es weitergeht. Und jederzeit, auch gegen alle Vernunft, können wir Gott um Hilfe anrufen in Jesu Namen. Mehr müssen wir nicht wissen. Amen.