Vorbereitet Tauffest in Christophorus: Sonntag, 3. Juli, 11 Uhr Bilder vom Workshop Taufe (4.6.22) unten im Beitrag
Eingeladen Sonntag, 26. Juni, 10 Uhr: Gospelkirche mit Lektor Thomas Plate und den Damian Gospel Singers, Leitung: Rüdiger Brunkhorst
Sonntag, 3. Juli, 11 Uhr: Familiengottesdienst zu Beginn des Tauffestes mit Tauf-Erinnerung und Taufen, Pn. Diehl, Pn. Scheller, Sung Ae Kim (Piano) und kleinem Chor. Heißen Sie mit uns die neuen Gemeindeglieder und jungen Familien in unserer Mitte willkommen!
Ungefärbt Auch bei uns gibt es Lieferschwierigkeiten. Deshalb erscheinen fast alle Exemplare unserer Post von Christophorus in dieser Woche in Schwarzweiß. Vielleicht gefällt Ihnen der Retro-Charme. Post in Farbe abonnieren: charlotte.scheller@evlka.de
Breit gestreut: Lieder-Abend "Der Sämann". Das Neue Testament in Liedern mit Moritz von Blanckenburg und dem Stephanus-Chor, Details unter diesem Beitrag
Angerollt Wir sind wieder dabei: Stadtradeln für den Kirchenkreis Die Jahreszeit, in der du kurz vor Sonnenuntergang noch eine Runde für dein Team drehst.
In unserem Fall für den Kirchenkreis Göttingen. Aber auch für saubere Luft, fahrrad- und menschenfreundliche Straßen, ein Lebenstempo, das die Seele mitnimmt. Am allermeisten für uns selbst. Für den Kirchenkreis fahren bis jetzt 45 Radler*innen. Aus Gemeinde und KiTa Christophorus sind acht Radfahrbegeisterte dabei. Gott behüte alle Radelnden!
Quelle: Charlotte Scheller
Taufe im Jordan / Gemeinschaft / Tunnel-Blick / Wasser erfahren / Segensworte fischen / Licht / Stadtradeln mit Kirchenkreis-Wasserflasche / Schwarzweiß-Post
zu Lukas 16,19-31 von Charlotte Scheller Eine Gruselgeschichte. Manchmal grusele ich mich gern ein bisschen. Abends im Garten. Die Gläser sind gefüllt. Ein Windlicht brennt. Es ist Brot da und Käse. Die Lieder sind verklungen und eine sagt: Kennt ihr die Geschichte von ...?
Es war einmal ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbares Leinen und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Ein Armer aber mit Namen Lazarus lag vor seiner Tür. Der Erzähler spart nicht mit grausamen Details. Der Mann vor der Tür hat Hunger. Er kann sich nicht mehr aufrecht halten. Irgendwer hat ihn vor die Tür gelegt. Draußen. Aber in Reichweite des Wohlstands. Was er so dringend braucht, ist zum Greifen nah. Aber es fällt nichts ab für ihn. Lieber werfen sie weg, was übrig bleibt, als zu ihm zu gehen und ihm zu geben, wonach er sich sehnt. Und als ob das nicht quälend genug wäre, sind auch noch Hunde da. Der Ärmste hat überall Geschwüre. Die Hunde lecken daran und vergrößern das Elend. Hunger, Schmerzen und Scham. Der Mann mit Namen Lazarus macht das Schlimmste durch. Kein Mensch hilft. Erst der Tod bringt ihm Erlösung. Von Engeln getragen. In Abrahams Schoß gelegt. Oder an seine Brust. Er darf den Ehrenplatz einnehmen, sitzt neben dem Glaubensvater am Tisch beim großen Fest. Das Schreckliche liegt hinter ihm, all die Qualen und das Unrecht. Er ist im Himmel.
Das ist nur gerecht. Und tröstlich. Wenn das Schicksal dir böse mitspielt, wenn du zerschlagen bist, kraftlos, voller Schmerzen, wenn du draußen bleibst mit deiner Sehnsucht, am Leben teilzuhaben, wenn du irgendwann nicht mehr kannst und dein Leben zu Ende geht, dann kommen Engel zu dir. Sie heben dich auf und bringen dich direkt Gottes Nähe. Da wirst du gepflegt und getröstet. Genährt und vor allem Bösen abgeschirmt. In die Mitte genommen und als Ehrengast gefeiert.
Der Reiche stirbt auch. Purpur und Leinen und das herrliche, freudige Leben haben ihn nicht davor bewahrt. Wie wir alle nicht vor dem Sterben bewahrt werden. Er wird begraben, wie wir auch begraben werden, wenn es Zeit ist. Das Begräbnis mag feierlich gewesen sein. Aber nun sehen wir ihn wieder. In der Hölle. Da leidet er Hitze und Durst. Böse Gedanken und schreckliche Einsamkeit. Das ist auch nur gerecht. Gefeiert hat er schließlich reichlich. Nur hat er mit dem Armen auch Gott ausgesperrt aus seinem Leben. Gegen Purpur und Leinen und gutes Essen ist nichts einzuwenden aus Sicht des Erzählers Lukas. Aber es ist sehr viel einzuwenden gegen den Tunnelblick des Reichen. Indem er den Bedürftigen vor seiner Haustür übersieht, lebt er total an Gottes Reich vorbei. Der Reiche hat seinen Platz beim Fest des ewigen Lebens verspielt. Nun appelliert er an die Menschlichkeit. An den Vater im Himmel. An Abraham. Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, damit er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und kühle meine Zunge; denn ich leide Pein in dieser Flamme. Es braucht nicht viel, bloß ein paar Tropfen Wasser, Abraham soll Lazarus schicken, immer noch sieht er ihn als Untergebenen. Auch Lazarus vor seiner Tür hätte nicht viel gebraucht, bloß ein paar Brocken, die von seinem Tisch runterfielen, als er noch feiern konnte. Jetzt ist die Kluft unüberwindlich. Es gibt kein Zurück, keine zweite Chance, keine Brücke zwischen Himmel und Hölle. Der Reiche ist ohne Namen, jede von uns könnte es sein. Der Arme heißt Lazarus, hebräisch Eleazar. Das bedeutet: Gott hat geholfen. Oder: Gott hilft. Wohl eher das zweite. Denn erst jetzt hilft Gott, im Leben war er total hilflos, der arme Gotthilft. Dem Reichen hilft nach dem Leben niemand. Kein Kontakt, wie es auch im Leben keine Brücke gab zwischen den Welten.
Aber die Brüder des Reichen leben noch. Blut ist dicker als Wasser. Der Reiche sorgt sich um sie, da ist doch etwas Herz in ihm, wenigstens für seine Leute. Er möchte sie vor dem gleichen Schicksal bewahren, Lazarus soll hingehen und sie warnen, aber er kriegt wieder eine Abfuhr. Vergiss es. Selbst einer, der von den Toten zurückkehrt, würde nicht gehört. Warnungen sind unnötig. Sie werden erfahrungsgemäß auch gar nicht gehört. Die Brüder haben alles, was sie wissen müssen, um ein menschliches Leben zu führen. Mose und die Propheten. Mose hat das Gesetz gebracht, die Richtschnur Gottes für das Leben. Da ist Barmherzigkeit hineingeschrieben. Respekt vor dem Leben anderer. Atempausen in der Plackerei der Untergebenen. Schuldenerlass für Überforderte. Nächstenliebe und Demut vor Gott. Die Propheten haben Ungerechtes angeprangert. Scheinheilige Gottesdienste. Lieblose Opfer. Verantwortungslose Herrscher, die sich an ihren Schutzbefohlenen bereichern. Gott hat seine Kinder ermahnt. Bedrängt. Umworben. Ihnen gedroht, Fluten geschickt vom Himmel und Brot. Zuletzt seinen eigenen Sohn. Gott hat alles gegeben, aber sie haben nicht gehört. Gott ist treu geblieben, aber sie sind untreu geworden und haben das Recht gebrochen. Der Gute Hirte ist seinen verlorenen Schafen bis in die entlegensten Winkel nachgegangen. Für die, die sich nicht haben nach Hause holen lassen, ist es nun zu spät.
Warum erzählt Jesus das dann, und warum berichtet Lukas uns davon? Die Geschichte ist ein Alptraum. Ein Schrecken. Der kann heilsam sein. Irgendwann ist es zu spät. Deshalb nutze die Zeit. Sieh dich um. Übersieh die Nachbarin nicht. Frag nach dem Menschen neben dir. Finde heraus, was er braucht, Essen oder Medizin oder Freundlichkeit, einen Menschen zum Schweigen oder zusammen Lachen, eine Retterin in der Not.
Aber da sind so viele Arme. Direkt vor der Tür und überall auf der Welt. Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Manchmal spüre ich Widerwillen, habe Berührungsangst. Ich werfe dem zerlumpten Mundharmonikamann vor dem Bahnhof schnell ein Geldstück hin, bloß nicht näher herantreten. Oft habe ich auch Angst, etwas falsch zu machen, und tu lieber nichts. Oder ich packe überall mit an, weil überall Not ist, und komme bald ans Ende meiner Kräfte. Was willst du von mir, Jesus?
Bei dem Reichen liegt nur einer vor der Tür. Den allerdings hätte er nicht übersehen dürfen. Hat er wohl auch nicht. Noch im Jenseits kennt er seinen Namen. Lazarus. „Wer ein Menschenleben rettet“, lehren die Ausleger der Tora, „dem wird es angerechnet, als würde er die ganze Welt retten“. Gott überfordert uns nicht. Wir sollen tun, was wir können. Und dazu im Namen Jesu um Kraft bitten. Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig. Ich brauche also keine Heldentaten zu vollbringen. Was ich mit Gottes Hilfe schaffe, genügt.
In unserer Kirche, bei den Tischreden am Reformationstag 2021, war der Leiter der Göttinger Bahnhofsmission zu Gast. Einige erinnern sich. Noch besser als ein Geldstück, sagte er, ist es, wenn Sie sich einen Moment Zeit nehmen. Bringen Sie dem Musiker vor der Tür einen Becher Kaffee. Reden Sie mit ihm, und wenn es nur zwei Minuten sind. Behandeln Sie ihn als Menschen. Dann können Sie weitergehen.
Und was ist nun mit dem Zuspät? Mit der Horrorgeschichte, der Höllenvision? Sie ist ein Alptraum. Eine verrückte Vorstellung, als gäbe es Gottes Barmherzigkeit nicht. Ich denke an Jesus am Kreuz. Und an den Verbrecher neben ihm. Auch von ihm erzählt Lukas. Denk an mich, sagt er zu Jesus, wenn du in dein Himmelreich kommst. Jesus antwortet ihm: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein! Eine tröstliche Aussicht. Dennoch ist die Geschichte den Lebenden erzählt. Uns Nachfolgenden, für hier und für jetzt. Jeden Tag werde ich um Verzeihung bitten müssen, weil ich andere übersehen habe, missachtet, ungerecht behandelt. Jeden Abend kann ich Gott um Vergebung bitten für meine Blindheit den Nächsten gegenüber. Jeden Morgen will ich mich wieder in den Dienst Jesu stellen. Vielleicht kann ich einem Menschen meine Tatkraft anbieten. Oder für einen andern beten. Einen Brief schreiben. Mit jemandem weinen oder lachen. Einem Kranken vorlesen oder etwas für ihn singen. Etwas beiseite rutschen auf der Bank, damit die Nachbarin sich mit an den Tisch setzen kann. Oder einfach ein Stück mit ihr gehen und uns beide etwas vom Himmelreich ahnen lassen. Gott, öffne meine Sinne und mein Herz, zeig mir, wo du mich heute brauchst, und stärke mich. Amen.
Gott schickt seinen Heiligen Geist. Kräftig wie Feuer, erfrischend wie Wind. Die Jünger, die sich nach dem Tod Jesu in ihren Häusern vergraben haben, kriegen plötzlich neue Kraft. Sie gehen raus auf die Straßen Jerusalems und reden von Christus. Jeder und jede versteht sie in der eigenen Sprache. Viele lassen sich taufen. Erzählen es weiter. Jeder auf seine, jede auf ihre Weise. Hier unsere fünf Zugänge zum Pfingst-Evangelium in diesem Jahr:
Joel A. Nagel, Pastor - Iglesia Evangélica del Río de la Plata, Argentinien
Jedes Mal, wenn wir das Pfingstfest feiern, sprechen wir vom Heiligen Geist.
Der Geist verwandelt, mobilisiert die Menschen, nicht statisch zu bleiben, sondern die Frohe Botschaft des auferstandenen Christus allen zu verkünden, unabhängig von ethnischer, kultureller oder geschlechtlicher Herkunft. Ebenso wie der Apostel Paulus in seinem Brief an die Römer schrieb: „...geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede.“ (Römer 8,6b)
Mit dem oben Genannten höre ich auf, über unsere aktuelle Situation so weit weg von Frieden und Leben nachzudenken. Kriege, Zerstörung, Hungersnöte, Krankheiten, getrennte Familien, Zwangsmigrationen, fehlende Empathie, Entmenschlichung und Tod sind Realitäten, die sich von einem Leben mit und im Geist zu entfernen scheinen.
Auf diese Weise wird es an diesem Tag aktuell, uns zu fragen, was der Friede und das Leben bedeuten, die Jesus uns schenkt und an die er uns durch den Geist Gottes erinnert. Und wie ist es möglich, dass wir in dieser Welt, die so bestraft und verletzt ist, immer noch über Frieden sprechen?
Es kommt vor, dass das Reden von dem Frieden, den Christus uns durch den Geist schenkt, keine Worte sind, mit denen wir eine idyllische Welt theoretisieren und denken. Frieden geht viel weiter, und wie ein spanisches Lied sagt, ist Frieden nicht nur die Abwesenheit von Kriegen, Hass, Groll und Gewalt.
Im Hebräischen ist die Wurzel des Wortes „Frieden“ (Shalom) die gleiche wie die von Shalem, was zurückzahlen, vervollständigen, kompensieren bedeutet. Aus diesem Grund spricht man, wenn man von Frieden spricht, auch von Gleichheit und Gerechtigkeit. Frieden ist Gemeinschaft mit denen, die anders denken. Frieden verkörpert sich in den Leidenden, die neues Leben und Gerechtigkeit brauchen. Frieden baut sich langsam, aber sicher auf. Friede ist gemeinsam leiden mit unserem Nächsten und sich auch mit ihm freuen. Frieden bedeutet zu wissen, wie man der Hilfe anderer und der Liebe Gottes bedarf.
Der Heilige Geist, den Gott uns geschenkt hat, ermutigt uns, diesen Frieden, der in der Frohen Botschaft des Auferstandenen gegenwärtig ist, in der ganzen Welt, in allen Menschen zu verwirklichen. Ein Frieden nicht nur der Worte, sondern der Taten gegenüber unseren Brüdern und Schwestern.
Deshalb können und müssen wir heute mehr denn je von Frieden sprechen, weil wir damit alle Situationen sichtbar machen, in denen es gerade keinen Frieden gibt, und wir erkennen auch, dass wir den göttlichen Geist brauchen, um unsere Arme nicht zu senken und weiter daran zu arbeiten, eine andere Gesellschaft aufzubauen, in der Gleichheit und Gerechtigkeit ein Teil davon sind.
Wir sind mit dieser Aufgabe nicht allein. Gott führt und begleitet uns durch seinen Heiligen Geist. Unabhängig davon, woher wir kommen oder welche Sprache wir sprechen, lädt Christus jeden von uns ein, gemeinsam den Frieden zu suchen und aufzubauen, den wir so sehr brauchen. Frohe Pfingsten und Shalom für jeden von uns. Amen.
Jae Joong Ahn, Pastor, Koreanische evangelische Gemeinde Göttingen
Heute möchte ich meine ganz persönliche Erfahrung in Bezug auf den Frieden, den Jesus gibt und den ich in Jesus gefunden habe, mitteilen.
Nach Martin Heidegger ist der Mensch grundsätzlich ein Wesen, das sich ständig sorgt. In der Welt sein heißt: sich um sich und seine Existenz sorgen, besorgt sein um sich und für sich selbst sorgen. Solange der Mensch lebt, gehört er der Sorge. Die Sorge war immer omnipräsent in meinem Leben. Es war, als würde Heidegger mich direkt ansprechen.
Der Tod meines Vaters, als ich sieben Jahre alt war. Jahre der Armut gingen seitdem einher. Meine Mutter starb unglücklicherweise aufgrund von Magenkrebs. Darüber hinaus verhinderten die immer wiederkehrenden finanziellen Schwierigkeiten, friedliche Zeiten zu haben. Die meisten von uns haben Zeiten viel größerer Sorge und Angst erlebt als ich.
Das Leben in Deutschland war auch nach den besonders großen finanziellen Schwierigkeiten voller Angst und Unruhe. neun Jahre nach meiner Ankunft in Deutschland bekam meine Familie einen Abschiebungsbefehl. Nach anderthalb Jahren in Duldung dachte ich daran, Deutschland 2015 zu verlassen. Damals konnte ich die Stimme des Herrn noch einmal hören. Es war die Stimme des Himmels, die Jesus hörte, als er getauft wurde. „Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe“, war es die warme Stimme des Vaters. Als ich meine Überzeugung wiedererlangte, dass ich das geliebte Kind des Herrn war, konnte ich einen Frieden wieder finden, den ich sonst nirgendwo auf der Welt finden konnte. „Gott erweist uns seine Liebe darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren“ (Römer 5,8).
Das ist der Frieden, den ich durch Jesus Christus gefunden habe. Nichts bringt uns mehr Frieden, als dass der Herr uns liebt. Dann, wie der Autor von Psalm 27 bekannte, „fürchte ich mich nicht, auch wenn ein Heer gegen mich ist, und ich werde sicher sein, wenn der Krieg ausbricht“ (Psalm 27,3).
Margaretha Pangau-Adam, Leiterin der Indonesischen Perki-Gemeinde Göttingen
Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht“, Johannes 14,27.
Gibt es noch solchen Frieden in dieser Situation, in der immer etwas Schreckliches passiert? Wir leben noch in dieser Welt und Dinge, die wir nicht erwarten, passieren ständig. Eine Freundin von mir war einmal fast hoffnungslos, als sie plötzlich ihren Job verlor, und sie wollte einfach aufgeben und nichts mehr tun. Dann sagte sie eines Tages zu Gott, hier bin ich, Du bist mein Herr und hast alles, was ich brauche, ich vertraue Dir. Plötzlich spürte sie den Frieden Gottes und erlebte ihn erneut. Sie ist sich bewusst, dass Gott das Beste für sie vorbereitet, und sie macht sich keine Sorgen mehr um ihre Zukunft.
Manchmal lässt Gott zu, dass uns schlimme Sachen passieren, damit wir Ihm näher kommen, damit wir Gott in unserem Leben an die erste Stelle setzen und seinem Wort gehorchen. Leider, wenn so etwas passiert, versuchen wir oft, anstatt Gott zu suchen, die Dinge selbst zu begreifen, und fragen uns immer, warum das passiert…. warum… und warum. Dadurch verschwenden wir viel Zeit und den größten Teil unserer geistigen Energie und erreichen nichts. Dadurch wird sogar unser Leben ängstlich und unruhig. Der Friede Gottes übersteigt unseren Verstand und kann unsere Gedanken beherrschen, und wir finden diesen Frieden nur in Jesus Christus. Ein paar Tage nach der Schießerei in Uvalde Texas singt dort ein Chor das Lied: Wir brauchen Christus…wir brauchen Christus.
Dieser Friede ist ein Geschenk Gottes für diejenigen, die an Jesus glauben. Wenn wir dieses herrliche Geschenk empfangen, werden unsere Herzen nicht erschrecken und sich nicht fürchten egal was passiert ist, weil Gott in uns ist. Amen.
Georg Grobe, Pastor in Göttingen
Jesus sagt: „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht“.
Dieser Satz von Jesus hat es in sich. Was meint er damit? Ich verstehe das für mich persönlich so:
Seit es Menschen auf der Erde gibt, kämpfen sie auch in Auseinandersetzungen und Kriegen gegeneinander. Mich bedrückt zurzeit das Leid der Menschen in der Ukraine in besonderer Weise. Dort wären Menschen ja schon froh, wenn es einen Waffenstillstand gäbe und nicht mehr geschossen würde. Aber Friede im Sinne der Bibel ist mehr als dass die Waffen schweigen. Er bedeutet, dass Völker und Menschen mit Respekt zusammenleben und sich gegenseitig ein Leben in Sicherheit gönnen. Wie schön könnte unser Leben sein, wenn wir das hinbekämen. Diesen Frieden will Jesus auch für uns. Darum sagt er: Den Frieden lasse ich euch…
Aber darüber hinaus gibt es bei Jesus noch mehr, nämlich den Frieden, den Jesus „seinen Frieden“ nennt. Worin besteht der? Jesus ist in unsere Welt gekommen, um uns mit Gott in Ordnung zu bringen. In der Bibel heißt es einmal: Nachdem wir Gott abgelehnt haben oder gegen ihn rebelliert haben, können wir jetzt Frieden mit Gott haben. Das bedeutet für mich, dass ich ein inneres Zuhause bei Gott habe und weiß, das kann mir niemand mehr nehmen. Selbst wenn mein Leben mit einem Unglück zu Ende geht oder die Welt in einem Atomkrieg untergeht, gibt es ein Leben bei Gott, das kein Mensch zerstören kann. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs haben viele Christen berichtet, dass ihnen dieser tiefe innere Frieden geholfen hat, bei all den schrecklichen Erfahrungen nicht zu verzweifeln, sondern weiter-zuleben. Diesen Frieden, der wie ein Strom in unser Leben fließt, bietet Jesus uns allen an.
Charlotte Scheller, Pastorin in Christophorus
Mit dem Herzen ist es so eine Sache. Ein Muskel in meiner Brust. Er versorgt meinen Körper und mein Hirn mit Sauerstoff und Nahrung. Meist schlägt es verlässlich. Manchmal ist es eigensinnig. Es setzt aus, wenn ich mich erschrecke, stolpert unbeholfen weiter. Es klopft mir bis zum Hals vor Angst. Oder wenn ich verliebt bin. Manchmal trage ich mein Herz auf der Zunge. Dann wieder verschließe ich meine Gedanken fest im Herzen. Ich bewahre Bilder darin auf und Worte.
Die Jünger Jesu haben bewahrt, was er ihnen zum Abschied gesagt hat. Obwohl ihr Herz nichts wissen wollte davon, dass er sterben musste. Später erinnern sie sich. Er hat gesagt: Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht (Joh14,27).
Leichter gesagt als getan. Mein Herz ist ängstlich. Wenn jemand eine kritische Frage stellt, vermutet es einen Angriff. Wenn jemand mich geschwisterlich ermahnt, hört es: Du bist mir ganz und gar nicht recht. Ich bin verstört von den Bildern der Gewalt. Kinder werden aus zerbombten Häusern getragen. Erwachsene können nicht glauben, was ihre Augen gesehen haben. Mein Herz sehnt sich. Der starke Gott, der Herr der Heerscharen soll den Mächtigen in den Arm fallen. Die Kriegsflugzeuge stoppen. Die Angreifer entwaffnen, damit die Überfallenen sich wieder wehrlos zeigen können.
Ich sehne mich nach Frieden auch in meiner eigenen kleinen Welt. Nach Vergebung da, wo Streit ist. Nach Licht, wo wir miteinander im Dunkeln tappen. Und nun sagt Jesus: Der Friede ist schon da. Ich habe ihn euch dagelassen. Jesus hat sich total wehrlos gemacht und seinen Angreifern so den Wind aus den Segeln genommen. Das hat ihn das Leben gekostet. Aber mit seinem Tod war nicht das letzte Wort gesprochen. Gott hat ihn auferweckt. Und uns seinen Frieden ins Herz gelegt.
Ich stelle mir den Frieden Jesu vor wie ein Zelt. Mein Herz findet Schutz darin. Ich bin sicher. Eingehüllt in sein Wort: Ja, du bist mir recht. Ich liebe dich und gebe mein Leben für dich. Aber immer wieder kriegt das Friedens-Zelt Risse. Kälte dringt ein. Ich denke, ich muss mich verteidigen. Das Zelt reparieren, neu aufbauen. Aber ich bin gar nicht die Erbauerin. Gott baut das Zelt. Es ist nicht an einen Ort gebunden. Gott stellt überall sein Zelt für mich auf. Ich kann jederzeit hineinschlüpfen.
Ein paar junge Leute. Sie bringen einen Kleinlaster mit Hilfsgütern in die Ukraine. Tag und Nacht sitzen sie am Steuer, von einer Kontrolle zur andern. Unterwegs wünschen Leute ihnen Glück. Soldatinnen, Zivilisten. Einige teilen ihr Essen. Beten mit ihnen. Beten für sie. Der Friede sei mit euch!
Auch in meinem Alltag ist er mit mir. Im Schutzraum des Friedens Christi kann ich mein ängstliches Herz wieder öffnen. Einen Spaltbreit oder ganz weit. Mich wehrlos zeigen. Zuhören. Die anderen als Gottes geliebte Kinder sehen. Schwestern und Brüder Jesu.
Quelle: Charlotte Scheller (1,3); Jörg Niejahr (2)
Schön war's am Himmelfahrtsmorgen 2022 beim Freiluftgottesdienst mit Gemeindegliedern aus St. Vinzenz, Roringen, Herberhausen, St. Petri und Christophorus! Herzlichen Dank allen, die den Gottesdienst, das Essen und die Spiele vorbereitet - und denen, die am Ende mit aufgeräumt haben!
Quelle: Colja Ossadnik (1,4,5,6,7,8,10,11,12); Charlotte Scheller (2,3,9)
Da stehen sie am Grab und schauen in den Himmel. Der Luftballon, ein rotes Herz, schaukelt nach oben, wird immer kleiner, ein winziger Punkt im blauweiß gezupften Himmel. Dann ist er weg.
Mama drückt Mias Hand. Nicht traurig sein, sagt sie, aber Mia findet das dumm. Sie ist nicht traurig, sie weiß, Opa ist jetzt im Himmel. Mia hat ein Bild gemalt. Da ist Opa drauf mit seinem Gehstock, Opa hüpft auf den Wolken wie Mia manchmal auf ihrem Bett. Neben Opa hat sie Lola gemalt, ihre Katze. Die ist auch schon im Himmel und jetzt kann Opa mit ihr spielen. Mia lässt Mama los. Ihre Hand wandert in die Hosentasche, zu dem kleinen Stein, den Opa für sie gefunden hat, als sie zusammen am Fluss waren. Der Stein fühlt sich warm an und Mia kommt es vor, als ob Opa sie ansieht vom Himmel aus. So lieb, wie er sie angesehen hat, wenn sie bei ihm zu Hause war. Jetzt kannst du mich immer sehen, flüstert sie, überall, wo ich bin.
Was steht ihr da und schaut zum Himmel? Die Jünger starren Löcher in die Luft, da, wo vor ihren Augen Jesus verschwunden ist. Zum Himmel gefahren. Nicht mehr greifbar. Ausgerechnet zwei Engel holen sie auf den Boden zurück. Erinnern sie daran, was Jesus ihnen gesagt hat. Er kommt wieder. Bis dahin lässt er ihnen ein Pfand da. Den Heiligen Geist. Kein Kieselstein, eine unsichtbare Kraft, ein Feuer, das sie von innen wärmt und aus ihnen leuchtet. Sie können aufhören, nach oben zu starren. Er ist hier unten, bei ihnen, und das Leben wartet auf sie.
Das fragen auch die Jünger. Selbst diejenigen, die mit Jesus unterwegs sind, wissen nicht, was sie beten sollen! Jesus legt ihnen das Vaterunser ans Herz. Das Gebet des Herrn. Und er ermutigt sie, bei Gott anzuklopfen. Aufdringlich zu sein. Den Vater im Himmel zu bedrängen mit ihren Anliegen. So sollen wir es auch machen. Auch wenn uns unpassend vorkommt, was wir erbitten. Wenn wir denken, unsere Not ist zu klein, um sie Gott vorzutragen. Oder zu groß. Auch wenn es mitten in der Nacht ist und wir nicht schlafen können, gerade dann können wir bei Gott anklopfen. Wir können ihm alles vorlegen, jederzeit.
Jesus sagt: Wer bittet, dem wird gegeben. Wer sucht, der findet und wer anklopft, dem wird aufgetan. Es kann sein, dass wir anklopfen bei Gott. Die Tür öffnet sich und wir entdecken etwas, womit wir nicht gerechnet haben. Er gibt uns nicht genau das, was wir haben wollen. Er gibt uns aber, was wir brauchen, um durch den Tag zu kommen. Oder durch die Nacht.
Luthers Abendsegen Des Abends, wenn du zu Bett gehst,
kannst du dich segnen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und sagen:
Das walte Gott Vater, Sohn
und Heiliger Geist! Amen.
Willst du, so kannst du dies Gebet dazu sprechen:
Ich danke dir,
mein himmlischer Vater,
durch Jesus Christus,
deinen lieben Sohn,
dass du mich diesen Tag
gnädiglich behütet hast,
und bitte dich,
du wollest mir vergeben alle meine Sünde, wo ich Unrecht getan habe,
aus der Predigtwerkstatt von Charlotte Scheller und Anne Dill, wiedergegeben von Sandra Beverungen und Charlotte Scheller
SB: Wir sind gerade in einer Zwischenzeit: Wir haben Ostern gefeiert, das nächste große Fest ist Himmelfahrt. Jesus ist auferstanden, aber er ist noch nicht zurückgekehrt zu seinem Vater im Himmel. In dieser Zwischenzeit ist Jesus seinen Jüngern mehrmals begegnet. Von einer dieser Begegnungen berichtet unser Predigttext aus Johannes 21.
15 Da die Jünger und Jesus nun das Mahl gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr, als mich diese lieb haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer! 16Spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe! 17Spricht er zum dritten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Petrus wurde traurig, weil er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb?, und sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe! (Johannes 21,15-17)
CS: Die Szene berührt mich. Zwei Menschen, die einander nahe stehen, führen ein Gespräch. Offenbar ist es nicht für meine Ohren bestimmt. Und doch werde ich zur Zuhörerin. Wie in einem Café, wenn eine Stille entsteht, zufällig oder auch nicht, und du hörst die Stimmen des Paars am Nebentisch. Liebst du mich, mehr als alle anderen? - Du weißt, dass ich dich liebhabe! Aber. Das ist kein Liebespaar, dem wir hier zuhören. Es sind Jesus und Petrus. Sie sprechen nicht auf Augenhöhe. Jesus ist in der stärkeren Position. Er ist der Meister. Er war der Verratene. Er ist der Auferstandene. Er kann etwas fordern. Petrus, oder soll ich ihn Simon nennen wie vor der Zeit, als er Jünger war, also Simon hat viel wieder gut zu machen. Falls das überhaupt geht. Ich bin peinlich berührt. Warum macht Jesus das?
SB: Vielleicht ist es ein Test. Jesus will seine Macht nicht missbrauchen, sondern er testet Petrus.
CS: Testen – das macht man doch nicht unter Liebenden!
SB: Doch, das macht man. Jesus will wissen, dass es Petrus ernst ist. Sie haben ja eben beim Essen schon geredet. Vielleicht hat Petrus sich schon wieder groß getan oder wichtig gemacht. Vielleicht ist er auch hin- und hergerissen: Er hat Jesus verleugnet, aber er ist auch wieder der Anführer der Jünger. Er hat sie eingesammelt. So wie früher. „Ich geh fischen. Kommt ihr mit?“ Und die anderen sind mitgekommen und ihm gefolgt. Aber die Beziehung zwischen ihm und Jesus ist noch nicht geklärt. Er ist unsicher.
CS: Dabei ist doch alles wie früher. Die Freunde mit Jesus am See, es duftet nach Brot und gebratenem Fisch, alle unterhalten sich. Ist das jetzt ein Zweier-Gespräch oder hören alle zu?
SB: Nein, es ist etwas Privates zwischen Jesus und Petrus; es geht um Deine Haltung.
CS: Wen meinst du mit „Deine“?
SB: Petrus ist gemeint. Aber auch wir. Sonst würden die uns gar nicht mithören lassen.
CS: Hör mal. Jesus sagt:Simon, Sohn des Johannes. Er sagt „Simon“, nicht „Petrus“. Für mich klingt das wie „Simon, du Erdling“.
SB: Jesus sieht ihn, wie er ist.Trotzdem reden sie einander vorbei.
CS: Es ist typisch Johannes, das so zu berichten.
SB: Hör doch mal zu! Jesus fragt: Liebst du mich? Und Petrus sagt: Ja, ich hab dich lieb. Im Griechischen ist das noch deutlicher. Jesus fragt: Agapeis, das heißt liebst du mich, mehr als dein Leben? Und Petrus antwortet: Phileo – ich hab dich lieb wie einen Freund.
CS: Das ist eigentlich angemessen, sie sind doch Freunde. Aber Gott fragt nach einer anderen Liebe. Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft und deinem ganzen Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst. Das höchste Gebot, Lukas 10,27.
SB: Das kann Petrus aber gerade nicht sagen. Er ist ehrlich. Jesus geht auf Petrus zu. Beim dritten Mal fragt er: Phileis me? Hast du mich lieb wie einen Freund? Er verlangt nicht mehr, als Petrus leisten kann. Aber Petrus merkt es nicht mal. Er wird bloß traurig, weil Jesus zum dritten Mal fragt.
CS: Petrus wird einerseits traurig, weilJesus Abstriche machen muss. Die große Liebe mutet er ihm nicht zu, bloß Liebhaben. Aber er ist auch traurig, weil er Jesus dreimal verraten hat.
SB: Trotzdem kriegt er den Auftrag: „Weide meine Lämmer!“
CS: Das macht ein Hirte.Ein Leiter. Als Johannes das aufschreibt,gibt es schon seit Jahrzehnten Gemeinden mit Schafen und Hirten. Leider sind es nicht immer gute Hirten. Genauso wenig wie im Staat. Da missbrauchen die Hirten ihre Macht und liefern die Schafe ans Messer. In der Kirche soll es anders sein. Aber auch die Kirchen-Hirten haben ihre Grenzen. Da ist Petrus nicht der Einzige.
SB: Selbstbei einer Pastorin ist das so. Niemand kann all seinen Lämmern gerecht werden. Trotzdem denke ich jetzt an die ganz normalen Alltags-Christinnen. Konfis, Tauf-Eltern, Jubelpaare, Nachbarinnen. Wie sollen sie die Lämmer weiden?
CS: Wir sind zusammen Gehilfinnen des Hirten. Johannes will mir Mut machen, Jesus zu lieben, ganz menschlich. Jesus kommt damit klar, dass ich ihn dauernd verrate. Ich kriege trotzdem den Auftrag, meinem Mitmenschen wie einem Freund zu begegnen. Das genügt. Es muss nicht die ganz große Liebe sein. Wir müssen nur miteinander klarkommen in der Gemeinde. Die große Liebe kommt von Jesus. Er tankt aus der Liebe zwischen ihm und dem Vater.
SB: Aber bevor Jesus Petrus beauftragt, fragt er ihn: Wie stehst du zu mir?
CS: Also muss ich erst klären, wie ich zu ihm stehe, und erst dann kann ich Schafe weiden?
SB: Ich glaube nicht, dass das nur in dieser Reihenfolge geht. Man kann auch hin- und herspringen.
CS: Das erlebt Petrus ja auch: Treue, Verrat, neuer Auftrag.
SB: Lies mal weiter, die Geschichte ist noch nicht zu Ende!
CS: 18Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wo du hinwolltest; wenn du aber alt bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hinwillst. 19Das sagte er aber, um anzuzeigen, mit welchem Tod er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach! (Johannes 21,18-19)
SB: Diese Geschichte mit dem Gürten. Warum sagt Jesus das jetzt? Wie passt das zusammen?
CS: Früher dachte Petrus, er kann sich selbst gürten und rüsten. Damit ist er gescheitert. Er wollte mit dem Schwert für Jesus kämpfen, aber Jesus wollte nur, dass er ihm treu bleibt. Petrus hat ihn verraten. Jetzt gürtet Jesus ihn und rüstet ihn auf seine Weise aus.
SB: Am Ende stirbt Petrus den Märtyrer-Tod. Aber das ist noch in der Zukunft. Noch ist Petrus in einem Zwischenstadium. Jetzt kann er nur Menschliches geben. Aber er ist auf dem Weg, die Schafe zu weiden und Jesus mit aller Kraft zu lieben. Gott wird ihn ausrüsten. Später wird er älter sein, dann wird er gegürtet werden.
CS: Ich finde das entlastend, ich muss mich nicht selbst gürten und rüsten.
SB: Dazu braucht man aber großes Vertrauen. Er wird geführt, wo er nicht hinwill.
CS: Er wird,das ist ihm fest zugesagt, nicht etwas, das er irgendwie selbst schaffen muss.
SB: Aber bin ich Petrus?
CS: Nicht direkt Petrus. Aber du könntest dich fragen: Für was braucht Jesus mich? Wem kann ich beim Wachsen helfen? Wer braucht meinen Schutz? Für wen kann ich kämpfen oder beten, für wen soll ich vor Gott eintreten?
SB: Zum Beispiel für Kleine, die noch keine Ahnung haben, wie es läuft. CS: Du meinst Anfänger im Glauben?
SB: Ja. Aber auch tatsächlich kleine Menschen, Kinder, Hilflose. Ich möchte ihnen helfen, an Jesus festzuhalten.
CS: Jesus und Petrus halten aneinander fest, obwohl Petrus Jesus verraten hat. Die Fehler müssen nicht glattgebügelt werden. Die Beziehung ist tief und stark.
SB: Ich komme nochmal auf das Händeausstrecken und Gegürtetwerden zurück. Wenn mir jemand einen Gürtel umlegen soll, muss ich die Hände hochmachen.
CS: Wenn ich so die Hände hochnehme, bin ich wehrlos. Das ist auch eine Gebetshaltung: Hier bin ich, Gott. Ausgeliefert, hilflos. Mach was!
SB: Jesus hat das am Kreuz auch gesagt: Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist.
CS: Spätestens, wenn ich sterbe, werde ich mich auch gürten und führen lassen müssen, wo ich nicht hinwill. Aber ich gerate auch mitten im Leben in Situationen, wo ich nicht hinwollte. Ans Bett einer sterbenden Freundin zum Beispiel. Da kann ich nur die Arme hochnehmen und die Hände ausstrecken: Ich hab keine Ahnung, Gott. Führ du mich.
SB: Und wenn ich es nicht hinkriege meine Hände auszustrecken, weil ich Angst habe oder kein Vertrauen – was ist dann?
CS: Für Jesus ist das keine Frage. Er sagt es fest zu: Du wirstdeine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und führen. Es kann sein, dass es hart kommt. Aber dafür wirst du gerüstet und da hindurch wirst du geführt.
SB: Die Hände ausstrecken, das machen auch schon Kinder. Wir Erwachsenen haben es uns abgewöhnt. Große (Gebets-)Gesten sind uns peinlich.
Dass ich zugebe, ich brauche Hilfe, ist ein großer, wichtiger Schritt. Ich kann die Hilfe auch in Gedanken erbitten, ohne große Geste. Und schauen, wo ich selbst Helferin sein kann.
Ich möchte mir diese Woche Zeit nehmen und überlegen: Wozu braucht Jesus mich?
CS: Das möchte ich auch tun. Dann werde ich eine Kerze anzünden. Für mich eine Geste finden, eine Gebetshaltung. Die Hände auszustrecken, ist schon mal ein guter Anfang.
SB: Amen.
Quelle: Charlotte Scheller (1,3), Sven Schulze / Bilder-e (2)
am Ostersonntag 2022 von Charlotte Scheller, als Audio unter dem Text
Es ist noch da, das Bild von Adi Holzer. Mitten in unserer Kirche, am schönen Ostertag. Die schwarze Sonne steht noch am Himmel. Es ist viel Schwarz in dem Bild. Die Kriegsflugzeuge rechts oben. Die verknäulten Gestalten über der rechten Hand des Gekreuzigten, die ihre Arme über die Köpfe recken in Klage oder Zorn. Und Jesus am Kreuz. Schwarz ist die Dornenkrone, sein Haar ist schwarz und die Spuren, die sein Gesicht hinabrinnen. Blut und Tränen und die Augen weit offen. Als ob er seinen Peinigern in die Augen sieht. Oder Blickkontakt hält mit jedem Menschen, der Qualen leiden muss. Trotzig. Ruhig. Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.
Zwischen dem vielen Schwarz Maria. In Blau, der Farbe der Sehnsucht und der Treue. Einige der Kummer-und-Zorn-Gestalten trommeln ihr auf den Rücken, andere wenden sich nach links, den Bergen zu. Maria hat sich abgewandt. Wie die drei Frauen, die losgegangen sind am Ostermorgen, nachdem die Festtagsruhe vorbei war und der Sabbat vorüber. Das Osterlicht ist schon sichtbar über den Bergen, ein Fetzen blauer Himmel, ein Tupfer Morgenrot. Es ist der erste Tag der neuen Schöpfung, aber Maria schaut zurück. Schaut wie die Frauen ins Dunkel hinein. Sie ist noch in den Gedanken an den Tod gefangen, die Augenlider sind schwer, die Hände halten den Kopf, die trauerschwarzen Arme eng an der Brust.
Die Frauen in der Ostergeschichte bringen wohlriechende Öle mit. Um den Geruch des Todes zu überdecken. Um den Freund noch einmal zu berühren, um noch etwas für den Toten zu tun. Wie die Mutter Jesu. In unserem Bild hält sie ihren toten Sohn in den Armen und wiegt ihn auf ihrem Schoß. Wir möchten auch etwas tun, wenn wir dem Tod gegenüberstehen, etwas festhalten von dem, was wir zu verlieren drohen, etwas Kostbares opfern. Am Grab eines Menschen. Wenn wir dem Krieg ins Auge sehen müssen. Oder wenn wir eine Freundschaft zu Grabe tragen müssen. Einen Plan. Eine Sehnsucht. Ein Bild von uns selbst, das nicht mehr stimmt. Wir möchten irgendwie damit umgehen, aber dann sehen wir: Es ist nicht zu retten. Es bleibt nichts zu tun. Wir sind noch mit dem Vergangenen beschäftigt. Aber das ist vergebliche Liebesmüh. Jesus, der Gekreuzigte, ist nicht hier. Er ist nicht mehr im Tod. Er lebt!
Schwarz ist der breite Saum des Gewandes des Clowns. Schwarz sind die großen Schuhe, aber er steht nicht fest, er scheint schwerelos zu sein. Ein Fuß haftet am Boden, aber es zieht ihn nach oben. Er kehrt dem Tod den Rücken. Er schließt den Schmerz nicht aus. Aber aus dem Trauerrand des Gewandes wächst ein kräftiges Rot, die Farbe des Blutes, die Farbe von Feuer und Liebe und Leben und Geist. Purpurrot, die Farbe eines Königsmantels. Seine Haare sind rot, die Clownsnase, der linke Socken. Die Arme hat er ausgestreckt nach oben, wie einen Kelch geöffnet, bereit, etwas aufzunehmen.
Die Frauen am Ostermorgen bringen Öl mit. Und ihre Sorgen. Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Ihre Augen sind zu Boden gerichtet, der Rücken vor Kummer gebeugt, die Sorge liegt ihnen schwer auf der Seele. Wie bei Maria in unserem Bild. Der Angststein. Ich kenne ihn gut. Wie soll ich diese Herausforderung meistern und jene Situation überstehen? Ich grüble und schlafe schlecht und bin wie gelähmt. Mein Blick klebt am Boden, ich kann an nichts anderes denken als an meine tödliche Sorge. Ich merke gar nicht, dass der Stein schon weggewälzt ist vom Grab. So einfach kann es nicht sein. So leicht kann es nicht gehen. Aber je mehr ich mich anstrenge, desto größer werden die Sorgen. Wirkliche Veränderung kann nur Gott bewirken. Der Clown in dem Bild weiß das. Er hält das Gesicht in die Sonne, die Augenbrauen hochgezogen. Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, heißt es in Psalm 121, woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.
Die Frauen heben die Augen nicht auf. Sie schauen zu Boden. Erschrecken, weil der Stein nicht mehr da ist. Gehen in das Grab, schauen ins Dunkle und sehen keinen Leichnam. Statt dessen sitzt da ein Jüngling. Einer im leuchtend weißen Gewand, was macht der hier am Ort der Trauer, hier sollte es dunkel sein, sie sind entsetzt. „Entsetzt euch nicht!“ Ein Gottes-Boten-Gruß. „Fürchte dich nicht“, hat der Engel zu Maria gesagt und ihr verkündet, dass sie den Retter zur Welt bringen wird. Jetzt sind sie an seinem Grab. Entsetzt euch nicht. Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier. Er ist auferstanden, er lebt auf neue Art. Geht, sagt der Engel. Bleibt nicht hier im Grab. Grabt nicht in euren Sorgen herum, in der Schuld, in den Verletzungen. Das führt zu nichts. Sucht die anderen und sagt ihnen: Er lebt. Er geht euch voraus nach Galiläa. Das ist der Alltagsort des Evangeliums. Wie Jerusalem der Ort des Festes ist. In Galiläa war Jesus mit ihnen unterwegs. Hier hat er ihnen Gottes Reich beschrieben in alltäglichen Bildern. Ein Senfkorn, das sich zu einem großen Baum auswächst. Ein Weinberg, in dem viele arbeiten und alle ihren Lohn kriegen. In Galiläa hat Jesus Kranke geheilt und Sündern die Schuld vergeben. Und auch wir werden ihn wiedersehen. In unserem Alltag können wir genau das von Jesus erwarten. Dass er da ist und uns heilt und uns vergibt. Mitten in unserem unfeierlichen Dasein.
In Adi Holzers Bild ist kein Jüngling im weißen Gewand. Bloß dieser Clown. Ein Clown bringt andere zum Lachen. Macht sich selbst lächerlich. Macht sich peinlich, damit die, die ihn sehen, sich nicht mehr peinlich fühlen. Wir können uns wiedererkennen in ihm, weil das geschminkte Gesicht kein bestimmtes ist. Es könnte auch unser Gesicht sein. Wir müssen lachen über ihn, wie er über seine eigenen Füße stolpert. Wie er zwei verschiedene Socken trägt und gar nichts an ihm zusammenpasst. Wie er den Ball fallen lässt und ihm alle nur denkbaren Missgeschicke passieren. Er lacht über sich selbst und das Lachen steckt an. Sein aufgemalter Mund macht das Lachen größer und das Weinen auch. Sogar über sein Weinen können wir lachen und das löst etwas in uns, macht den Sorgenstein leichter und lässt ihn wegrollen von unserem Herzen. Er nimmt sich selbst nicht allzu schwer, er schwebt und hält seine Arme, sein Gesicht, sein Leben dem Himmel hin. Er streckt sich nach dem Frieden aus, eine weiße Taube ist auf seiner Seite gegenüber einem Geschwader von schwarzen Bombern auf der andern. Der Auferstandene als Clown. Einer, über den man lachen kann oder bestenfalls lächeln angesichts der Mächte, die unser Leben zu bestimmen scheinen. Anfang der achtziger Jahre, als das Bild entstanden ist, und heute erst recht. Bomber. Hochhäuser. Sonnenfinsternis.
Der Clown hebt seine Hände auf zu den Bergen. Er schwebt Gott entgegen. Wie die Taube. Ganz schwach ist das Grün zu erkennen in ihrem Schnabel. Das Zeichen, dass am Ende, trotz Tod und Zerstörung, das Leben bleiben soll. Wohin fliegt der Vogel, wohin schaut der Clown? Von weitem kaum zu erkennen, vom Schnabel der Taube ein Stück nach rechts oben ein winziges goldenes Dreieck. So vorsichtig malt der Künstler Gott. Ein Symbol. Eine Andeutung. Gott entzieht sich unseren Blicken. Er ist bloß sichtbar in der Ausrichtung derer, die zu ihm hin unterwegs sind. Von ihm kommt uns Hilfe, wenn die Last zu schwer wiegt und unsere Augen am Boden kleben.
Entsetzt euch nicht, hat der Engel den Frauen gesagt. Starrt nicht länger ins Dunkle. Geht, sagt es den andern. Er ist euch vorausgegangen ins Leben. Im Alltag werdet ihr ihn sehen. Als Leidenden. Als Zuhörerin. Als Clown. Sagt es weiter. Aber genau das tun die Frauen nicht. Wie Maria in unserem Bild wenden sie sich ab und sagen nichts. Ich kenne das. Der Stein ist noch zu schwer. Er verschließt mein Herz. Er lässt mich stumm sein. Aber wie die Frauen am Grab, wie Petrus bin ich auf die anderen gewiesen, die sich an Jesus halten. Wir sollen einander darin unterstützen, unsere Sorgen zu Gott zu bringen. Wir sollen aufeinander achtgeben. Jemand sagt dir: Bleib nicht im Grab. Das Osterlicht leuchtet schon. Geh in den Alltag zurück. Jesus ist dir vorausgegangen. Er weiß einen Weg für dich.
Im Radio habe ich von einer Frau gehört. Sie ist vor einiger Zeit aus der Ukraine geflohen. Sie hat sich Gedanken gemacht, was den vom Krieg Betroffenen jetzt hilft. Sie hat ein „Bunker-Papier“ geschrieben. Eine Liste mit Dingen, die beim Überleben helfen, wenn man wochenlang im Bunker ist. Den Tag strukturieren. Frühstücken, auch wenn du kein Tageslicht siehst. Zusammen singen. Sich Zeit nehmen, um die Nachrichten vom Krieg zu hören. Und auch Zeiten, wo du das Radio ausschaltest. Anderen von deinen guten Erfahrungen erzählen. Und dir von ihnen erzählen lassen. Was schön war in der Kindheit zum Beispiel. Und was hilft den Geflüchteten hier? Ein Sommercamp, sagt sie. Vier Wochen Ferien für Kinder aus Deutschland, aus der Ukraine und aus Russland. Damit sie einander kennenlernen. Zusammen spielen und lachen.
Im Markusevangelium bleibt das Ende offen. Die Frauen sagen es nicht weiter. Auch Adi Holzers Bild bleibt offen. Maria in der Mitte, im blauen Kleid, ist noch nicht losgegangen. Die Hoffnung erreicht sie noch nicht. Das goldene Dreieck ist nicht leicht zu entdecken. Der Schrecken, die Trauer brauchen Zeit. Später wird Maria auch zu den Zeuginnen gehören. Wie die Leute links unten im Bild. Einer erzählt dem anderen die gute Nachricht. „Ex voto“, hat der Künstler daneben geschrieben. Um ein Versprechen einzulösen. Aus Dankbarkeit erzählen Menschen anderen von Gott. Mit Worten. Mit einem Bunkerpapier. Mit einer Clownsnase. Mit tatkräftiger Hilfe über Grenzen hinweg. Eine Straße führt links von dem Weitersager den Berg hoch und da, am Abhang, ragt ein Kirchturm heraus. Ein Zeichen. Mit jedem und jeder von uns findet Gott seinen Weg ins Licht. Der Herr ist auferstanden! Amen.