Wegbegleiter! Psalm 23, gelesen und kommentiert von Manuela Fischer
Ein Psalm Davids
Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.
Dieser Psalm begleitet mich seit meiner Konfirmation und er drückt alles aus: Der Herr ist immer dabei, der Herr erquickt meine Seele, und auch wenn ein Unglück mal kommen sollte, muss ich das nicht fürchten, da der Herr bei mir ist. Und deshalb ist es mein Lieblingspsalm.
I. Wie es anfing. Impuls zu Lukas 1 und 3 von Anne Dill Womit hat es angefangen?
Nicht mit den Hirten auf dem Feld. Und den Engeln, die da sangen.
Es hat nicht mit dem Stall und der Krippe und dem Esel angefangen. Sondern mit einem Engel. Und mit Zacharias, dem Priester. Er und seine Frau Elisabeth sind schon alt. Hochbetagt, steht im Bibeltext. Jenseits aller Möglichkeit, noch ein Kind zu bekommen. Dabei haben sie sich das so sehr gewünscht.
Zacharias ist im Tempel und verrichtet die Priesterdienste. Für das Räucheropfer ist er allein im Raum. Da kommt er. Der Engel Gabriel. Zu dem Greis. Zacharias erschrickt. Kann das sein? So viele Jahre geht er schon im Tempel ein und aus. Aber einem Engel ist er noch nie begegnet.
Fürchte Dich nicht, sagt der Engel. Dein Gebet wurde erhört. Deine Frau Elisabeth wird einen Sohn bekommen. Und Du sollst ihm den Namen Johannes geben. Gott ist gnädig.
Du wirst voller Freude sein. Ihr werdet voller Freude sein. Und viele werden sich mit Euch freuen.
Denn dieses Kind wird groß sein vor dem Herrn. Gottes Geist liegt auf ihm.
Vielen wird er von Gott erzählen. Viele wird er zu ihm bringen.
Dein Kind wird vor Gott selbst hergehen. Im Geist und mit Kraft. So wie der große Prophet Elija. Er wird die Herzen der Väter zu ihren Kindern bekehren und die Ungehorsamen zur Klugheit der Gerechten. Er wird das Volk für Gott den Herrn bereitmachen.
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Der erwachsene Johannes erzählt vielen Menschen von Gott: Das, was in Eurem Leben zerbrochen ist, sagt er, will Gott heil machen. Er ist größer als Eure Angst. Eure Sorgen und Eure Verletzungen. Sagt ihm, was ihr loswerden wollt. Was ihr bereut. Was Euch schmerzt. Gott ist gnädig.
Und die Menschen kommen zu Johannes. In Scharen. Hören seinen Worten zu. Lassen sich von ihm taufen. Johannes erfüllt die Verheißung von alter Zeit. Vor Urzeiten wurde das verkündet: da ist die Stimme eines Predigers in der Wüste. Bereitet den Weg des Herrn. Macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht und alle Berge und Hügel erniedrigt werden. Was krumm ist, soll gerade werden und was uneben ist, soll ebener Weg werden.
Johannes, der Wegbereiter. Er verkündet, wofür sein Name steht. Sein Name bedeutet: Gott ist gnädig. Er ruft, dass alle es hören: Bereitet dem Herrn den Weg!
Damit hat es angefangen. Mit dem Mann, der die Menschen darauf vorbereitet, was geschehen wird. Der Gott den Weg bereitet, dass er einziehen kann in die Häuser und Herzen.
Denn wenn er kommt, dann bleibt es nicht, wie es ist. Die krummen Wege werden gerade. Die Täler werden aufgefüllt. Die Berge werden eingeebnet. Wenn er kommt, dann muss ich nicht in der Tiefe bleiben. Dann muss die Welt nicht bleiben wie sie ist.
II. Du bist doch wohl der! Impuls zu Matthäus 11,2-6 von Charlotte Scheller Johannes sitzt im Gefängnis. Inhaftiert, weil er das Volk unruhig machte. In Scharen sind sie zu ihm gerannt in die Wüste. Haben sich seine Predigten angehört. Es kommt einer. Bald. Ein Retter, der unser Volk befreit. Ein Richter, der abrechnet mit allen Sünden, den kleinen wie den großen. Noch ist Zeit, sich auf seine Seite zu stellen. In Gottes Namen, kehrt um! Sie haben in Johannes den sprichwörtlichen Rufer in der Wüste gesehen. Den Wegbereiter Gottes. Ihr Reichen, teilt eure Kleider und euer Essen mit den Armen. Ihr Zöllner, nehmt nur, was euch zusteht. Ihr Soldaten, tut niemandem Gewalt an! In Scharen sind sie gekommen. Die Suchenden. Die Unzufriedenen. Haben sich taufen lassen. Und sind mit den Herrschenden ins Gericht gegangen. Der König in Jerusalem kann sich das nicht bieten lassen. Solch eine Propaganda schwächt den Gehorsam der Untertanen. Und schadet der Volkswirtschaft. Deshalb sitzt Johannes im Gefängnis. Mundtot ist er noch nicht.
Seine Jünger besuchen ihn täglich. Bringen Brot, sauberes Wasser und Nachrichten. Die Wachmänner verdrehen die Augen, wenn sie das Geflüster hören. Dieser religiöse Quatsch wird ihn auch nicht retten. Er ist so oder so des Todes. Johannes weiß das. Umso dringlicher ist seine Frage an Jesus. Bist du der, auf den wir all unsere Hoffnung gerichtet haben, oder sollen wir auf einen anderen warten?
Das fragt der Richtige. Schließlich hat er Jesus getauft und dabei den unsterblichen Beinamen „Der Täufer“ abgekriegt. Ausgerechnet Johannes der Täufer lässt jetzt Jesus fragen: Bist du es? Und kriegt nicht mal eine Antwort. Jesus redet um den heißen Brei herum. Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht.
Kann Jesus nicht einfach Klartext reden? Klare Frage: Bist du es? Klare Antwort: Ja, ich bin der Messias. Oder: Nein, ihr müsst auf einen andern warten. Stattdessen schickt Jesus die Johannes-Jünger zum Hören und zum Sehen. Und was sehen sie da, wo Jesus am Werk ist? Gelähmte gehen umher. Blinde sehen klar. Schwerst Kranke werden geheilt und aus der Isolierstation entlassen. Taube hören. Tote stehen auf! Und was hören die Jünger? Denen, die ihr Dasein unterhalb des Existenzminimums fristen, werden endlich gute Nachrichten gebracht.
Unglaublich. Aber genau das sind die Zeichen, an denen man den Messias erkennt. Genau daran erkennt man, dass Gott in der Welt ist. Leider, leider ist die Welt noch nicht flächendeckend gerettet. Aber seit Jesus zur Welt gekommen ist, kann man immer wieder diese Zeichen sehen. Johannes, du kannst aufhören zu warten. Gott ist auf die Erde gekommen. Nicht als großer Machthaber. Auch nicht als gnadenloser Richter. Sondern als Mensch, der andere Gottes heilsame Nähe spüren lässt. Die Chance, umzukehren und das Leben neu anzufangen.
Und was soll Johannes nun damit anfangen? Selig ist, wer sich nicht an mir ärgert. Zuletzt redet Jesus doch Klartext. Alles hängt davon ab, wie der, der so fragt, sich zu Jesus stellt. Glücklich, wer sich nicht von ihm abwendet. Glücklich, wer Gottes Heil in ihm erkennt!
Hier fragt der Richtige. Johannes stellt die einzige Frage, die man stellen muss, wenn man bedrängt ist von wem auch immer. Oder wenn man gefangen ist worin auch immer. Und ganz besonders, wenn man den Tod vor Augen hat. Dann ist es das einzig Richtige, sich an Jesus zu wenden. Du bist doch wohl der, den Gott mir als Retter schickt? Durch seine Frage wird Johannes zum Wegbereiter. Seine Jünger bringen die Antwort von Jesus zu ihm zurück. Sie ist auch für unsere Ohren bestimmt. Geht hin. Hört und seht. Überall sind Zeichen von Gottes Gegenwart. Jetzt, in dieser Zeit. Denn er kommt.
Leg Dich nochmal schlafen. Lieblingsbibeltext von Charlotte Scheller:
1. Könige 19,1-8. Audio direkt unter diesem Beitrag
Und Ahab berichtete Isebel alles, was Elija getan hatte und wie er alle Propheten mit dem Schwert umgebracht hatte. Da sandte Isebel einen Boten zu Elija und sprach: Die Götter sollen mir antun, was immer sie wollen – morgen um diese Zeit werde ich Dich so zurichten, dass Du wie einer von ihnen bist. Und als er das sah, machte er sich auf und lief um sein Leben. Und er kam nach Beer-Scheba, das zu Juda gehört, und dort ließ er seinen Burschen zurück, er selbst aber ging in die Wüste, eine Tagesreise weit. Und als er dort war, setzte er sich unter einen Ginsterstrauch und wünschte sich den Tod, und er sprach: Es ist genug, Herr, nimm nun mein Leben, denn ich bin nicht besser als meine Vorfahren. Dann legte er sich hin und unter einem Ginsterstrauch schlief er ein. Aber plötzlich berührte ihn ein Bote und sprach zu ihm: Steh auf, iss! Und als er hinsah, siehe, da waren an seinem Kopfende ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und er aß und trank und legte sich wieder schlafen. Der Bote des Herrn aber kam zu zweiten Mal und berührte ihn und sprach: Steh auf, iss, denn der Weg, der vor Dir liegt, ist weit. Da stand er auf und aß und trank, und durch diese Speise wieder zu Kräften gekommen, ging er vierzig Tage und vierzig Nächte lang bis zum Gottesberg Horeb.
Ich mag ganz besonders gern, dass Elija sich das erlaubt: Er legt sich hin und sagt: Ich habe wirklich genug von allem! Er legt sich schlafen und gesteht sich zu, dass er nicht mehr kann.
Und dann kommt dieser Engel und sagt: Steh auf und iss!
Ich glaube, Elija ist sehr verführt durch den Duft vom knusprigen Brot und durch das kühle, frische Wasser in der Wüste. Elija stärkt sich und dann legt er sich wieder hin. Er braucht mehr Ruhe und mehr Schlaf. Eigentlich hat er sich ja sogar danach gesehnt zu sterben.
Ich finde sehr wohltuend, dass er sich das nimmt. Und auch, dass der Engel kommt und ihn nochmal stärkt. Dann hat Elija Mut, wieder zu gehen. Das sagt mir, dass ich mir auch manchmal nehmen darf, mich nochmal hinzulegen, wenn ich einfach nicht mehr kann. Und dass dann ein Engel kommt, irgendjemand, der von Gott zu mir kommt und mich stärkt.
zu einer Nikolaus-Ikone (über diesem Beitrag) und Jesaja 61,1.2.10a Audio weiter unten auf dieser Seite
AD: Gibt es den Nikolaus?
CS: Ja, denn alle Klaus‘, Nicholas‘ und Colin dieser Welt heißen ja nach dem Nikolaus. Auch Colja und Nicole.
AD: Aber gab es den heiligen Nikolaus wirklich?
CS: Ja, es gab ihn, vor ungefähr tausendsiebenhundert Jahren. Wir haben seine Unterschrift. Im Jahr 325 hat er eine Urkunde unterschrieben bei einer Versammlung vieler Bischöfe. Beim Konzil von Nicäa.
AD: Wenn ich an Nikolaus denke, dann denk ich an einen großen Mann mit rotem Mantel und tiefen Taschen. Auf dem Rücken hat er einen Sack, in der Hand einen Stab. So hab ich ihn mir als Kind vorgestellt und im Grunde genommen denke ich noch immer so an ihn.
CS: Mir fällt eine Geschichte ein, wie er zu den tiefen Taschen gekommen ist.
AD: Erzähl!
CS: Nikolaus ist in wohlhabenden Verhältnissen aufgewachsen. Er ist noch ein Kind, als er beide Eltern verliert. Der ganze Reichtum macht nicht, dass er wieder froh wird. Er geht vor die Tore der Stadt. Da sieht er Elende und Hungernde. Sie strecken die Arme aus und betteln. Nikolaus sucht in seinen goldbestickten Gewändern, aber die haben keine Taschen. Er hat kein Geld dabei. Also verschenkt er seine goldene Halskette und den Fingerring. Abends lässt er sich Taschen auf seinen Mantel nähen. Er geht durch den Garten und stopft sich Äpfel, Birnen und Mandarinen hinein. Dann geht er wieder raus und verteilt, was er hat. Das macht er jeden Abend. Besonders den hungrigen Straßenkindern macht er so eine Freude.
AD:Sein Herz ist noch größer als seine Taschen.
Einmal hört er von drei jungen Frauen. Ihr Vater war ein reicher Mann, aber er hat all sein Vermögen verloren. Jetzt kann er ihnen keine Aussteuer kaufen. Seine Töchter können nicht heiraten. Das ist schlimm, denn weiter für sie sorgen kann er auch nicht. Als es dunkel wird, schleicht Nikolaus zu ihrem Haus. Er wirft einen Beutel mit Goldstücken durch das Fenster. Am nächsten Morgen findet die älteste Tochter das Säckchen. Ihre Hochzeit ist gerettet. In der folgenden Nacht kommt Nikolaus wieder. Ein weiterer Beutel mit Goldstücken fliegt durch das Fenster. Jetzt kann auch die zweite Tochter Hochzeit feiern. So geschieht es auch in der dritten Nacht. Alle Töchter können heiraten. Ein wunderbares Fest.
CS: Nikolaus kommt heimlich. Es geht nicht darum, dass er ein großer Wohltäter ist. Es geht darum, dass Menschen erfahren: Gott ist hier, auf der Erde, bei euch, wenn ihr in Not seid. Oder wenn ihr euch nach einem Fest sehnt.
AD: Wir haben hier ein Bild. Aufbewahrt ist es im Katharinenkloster auf dem Sinai im heutigen Ägypten. Vermutlich wurde es Ende des 12. Jahrhunderts gemalt. Es ist 83 Zentimeter hoch und 57 breit. Nicht irgendein Bild, sondern eine Ikone. Das Wort „Ikone“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Urbild“ oder „Abbild“. Ikonen sind wie ein Fenster zum Himmel.
CS: Eine Ikone zu betrachten, ist wie eine Kirche zu betreten. Ich komme in einen Raum. Vielleicht ist er mir fremd. Die Farben wirken auf mich ein. Ich bin aus dem Alltag herausgenommen. Ich öffne mich für Gottes Nähe. So ist das Betrachten der Ikone ein Gebet. Eine Verbindung über die Sinne, nicht über den Verstand.
Keine Linie ist zufällig, keine Farbe. Die Muster in dem Bild sind für mich wie Melodien. Die Farben wie Töne eines Liedes. Verschlungene Wege. Dissonanz und Harmonie.
AD: Ich sehe ganz viel Gold auf der Ikone. Nikolaus ist ganz groß in der Mitte. Seine Hand ist zum Reden erhoben oder zum Segnen. Er trägt einen Mantel. Am Hals ist er golden. Und blau. Die Farbe des Himmels. Um die Schultern trägt er einen weißen Stoff. Ähnlich wie eine Stola. Darauf sind goldene Kreuze. Im Arm hat er ein goldenes Buch mit Kreuzen. Die Seiten sind blau. Darin ist der Himmel. Sein Gesicht ist groß dargestellt. Man kann die Falten auf der Stirn erkennen. Haare und Bart sind schon grau. Die Locken im Bart sind fast wie die Wogen des Meeres. Die Stirn ist hoch. Er guckt konzentriert. Sein Blick ist nach innen gekehrt. Rechts und links des Mundes haben sich Furchen eingegraben. Er hat gelitten. Aber die Augen schauen gütig.
Um das große Bild in der Mitte ein Band von 12 kleinen Bildern. Sie erzählen, wie Nikolaus von Geburt an besonders mit Gott verbunden ist. Später rettet er Seeleute im Sturm, befreit Gefangene und vertreibt Dämonen. Seine Kraft kommt aus dem Glauben. Gottes Geist ist mit ihm.
CS: Links über der Schulter von Nikolaus erkenne ich Jesus. In seinen Heiligenschein ist das Kreuz eingezeichnet. In der Rechten hält er ein Buch, als ob er es weggeben will. Rechts über der anderen Schulter Maria mit Kopftuch und Heiligenschein. Sie neigt ihren Kopf über ein weißes Tuch, ähnlich dem Schultertuch, das Nikolaus trägt. Ihr Blick geht nach unten zur erhobenen Hand. Auch Jesus schaut nach unten, auf das Himmelsbuch. Wie zwei Linien sehe ich die Blickrichtungen von Maria und Jesus. Sie kreuzen sich in Höhe von Nikolaus‘ Herz.
AD: Nikolaus ist aufgewühlt. Auf diesem Konzil in Nicäa, 325, gibt es Streit. Vieles hat sich angestaut. Die Gemüter sind erhitzt. Es geht um eine Herzensangelegenheit. Wie ist Gott überhaupt zu denken, wenn wir uns auch an Christus wenden können und an den Heiligen Geist? Der Theologe Arius und andere sagen, Jesus ist Gott dem Vater untergeordnet. Nikolaus sagt, Gottes Kraft ist genauso stark in Christus und im Heiligen Geist wie im Vater. Für dieses Bekenntnis hat er früher schon gelitten und ist gefoltert worden. Der Streit schaukelt sich hoch. Nikolaus springt auf. Er scheuert Arius eine. Sie haben richtig gehört: Nikolaus gibt Arius eine Ohrfeige!
CS: Moment mal. Niklas ist ein guter Mann, singen schon die kleinen Kinder!
AD: In der Ikone geht es aber nicht um den Wohltäter Nikolaus, sondern um den Bischof. Der wird nach dem Eklat von den anderen Bischöfen festgenommen. Sie werfen ihn ins Gefängnis wegen seines unbischöflichen Verhaltens. Der Kaiser will ihm sein Bistum wegnehmen.
CS: Dann wäre er ein einfacher Mann. Ohne Schultertuch und ohne das Evangelienbuch, das wir Himmelsbuch genannt haben. Aber auf der Ikone sehe ich: Christus gibt ihm das Buch zurück. Maria reicht ihm das weiße Schultertuch. Christus hält an ihm fest, obwohl der Zorn mit ihm durchgegangen ist und er sich nicht wie ein Bischof aufgeführt hat. Die anderen Bischöfe spüren wohl die starke Verbindung zum Himmel. Nikolaus wird rehabilitiert.
AD: Ich habe meinen eigenen Zugang gefunden zu der Ikone. Ich schau sie an und erinnere mich an die Geschichte mit Nikolaus. So wie Jesus Christus an ihm festhält, hält er auch an mir fest. Auch wenn ich mich gar nicht christlich verhalte. Wenn ich zornig werde oder an jemandem vorbeigehe, der meine Hilfe braucht.
CS: Das heißt, du kannst machen was du willst?
AD: Nein! Denn durch meine Taufe bin ich genau wie Nikolaus mit Gottes Geist beschenkt. Er schickt mich in die Welt, so wie sie ist. Um dort Hoffnung zu geben. Einer weinenden Frau zuzuhören. Kindern von Jesus zu erzählen. An der Seite eines Freundes zu sein, um die Dämonen der Einsamkeit zu vertreiben.
CS: Nikolaus hat Gefangene aus der Haft befreit. Ist Seeleuten im Sturm zu Hilfe gekommen und hat noch viel mehr Gutes getan. Ich habe nicht alle Bilder betrachten können. Aber ich verlasse den Raum der Farben und Formen jetzt wieder. Ich nehme etwas mit. Ich will ich mich wie Nikolaus an Christus festhalten. Ich bin kein Bischof und keine Märtyrerin. Aber ich habe Teil am Priestertum aller Gläubigen. Allen Getauften hat Gott den Mantel des Heils angezogen.
AD: Gott lässt uns sagen durch den Propheten Jesaja:
Der Geist Gottes des HERRN ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen; zu verkündigen ein gnädiges Jahr des HERRN und einen Tag der Rache unsres Gottes, zu trösten alle Trauernden.
Ich freue mich im HERRN, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn er hat mir die Kleider des Heils angezogen und mich mit dem Mantel der Gerechtigkeit gekleidet. (Jesaja 61,1-2.10a)
Was meint ihr? Wenn ein Mensch hundert Schafe hätte und eins unter ihnen sich verirrte, lässt er nicht die neunundneunzig auf den Bergen, geht hin und sucht das verirrte? Und wenn es geschieht, dass er es findet, wahrlich, ich sage euch: Er freut sich über dieses eine mehr als über die neunundneunzig, die sich nicht verirrt haben.
So ist es auch nicht der Wille bei eurem Vater im Himmel, dass auch nur eines von diesen kleinen verloren werde.
Das Bild, das Jesus hier verwendet, gehört zu meinen Lieblingsbildern in der Bibel. Ich sehe es richtig vor mir: Der Hirte, der das verirrte Schaf sucht, seine Sorge und seine Erleich-terung und Freude, als er es gefunden hat.
Ich stelle mir vor, wie er es auf dem Arm heimträgt, wobei ich da eher an ein Lamm denke. Zurück in die Sicherheit und Geborgenheit der Herde.
Die Botschaft tut mir gut: Dass Gott nicht zornig ist über unsere Umwege und über unsere Fehler. Sondern, dass er sich um uns sorgt und sich freut, wenn wir uns finden lassen. Es geht nicht darum, dass wir alles richtig machen, sondern darum, dass wir kostbar sind für Gott.