19. Juli, Christophorus: Grüne Welle am Roten Meer“ – Exodus 14 mit Pastorin Charlotte Scheller und Vikarin Anne Dill 26. Juli, St. Petri Weende: Weit hinten am Horizont“– Psalm 139 mit Pastor Thorsten Rohloff
2. August, Roringen: Qual mit Wal“ – Jona 2,1-11 mit Vikarin Anne Dill
9. August, Nikolausberg: „Mee(h)r für die Seele“ – Mt. 16,24-26
mit Pastorin Anna Kiefner
16. August, Christophorus: Gottesdienst zum Israel-Sonntag
mit Pastorin Anna Katharina Diehl
23. August, Herberhausen: Geistergeschichten am See“ – Mt. 14,22-33
mit Pastorin Charlotte Scheller
Wenn die Situation es zulässt, gibt es eine kleine Stärkung und die Gelegenheit zum Gespräch.
Heute beginnt eine neue Reihe der Mittwochsgedanken. Menschen aus Christophorus und solche, die der Gemeinde nahe stehen, stellen uns einen Bibeltext vor und sagen, was ihnen an diesem Text wichtig ist. Den Anfang macht der Vorsitzende des Kirchenvorstands Christophorus, Reinhart Wilfroth.
Das Scherflein der Witwe
Markus 12,41-44, Luther-Übersetzung 1984
Und Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein. Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein, das macht zusammen einen Pfennig.
Und er rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. Denn sie haben alle etwas von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.“
Jesus ist zum letzten Mal im Tempel. Er beobachtet die Menschen, wie sie Geld in die Opferkästen geben. Reiche geben viel hinein. Da fällt Jesus eine ärmlich gekleidete Witwe auf. Ist sie gekommen, weil sie Almosen erhofft? Will sie im Tempel betteln?
Nein, sie gibt etwas in den Opferkasten. Eine kleine Summe. Gerade so viel, wie sie sich leisten kann. Es geht ihr um den Tempel, um das Gotteshaus, für das sie ihr Letztes gibt. Jesus sieht das als großes Opfer der Frau an, denn Gott rechnet nicht die Summe auf, er sieht die Absicht der Geberin dahinter. Das gefällt mir an der Erzählung:
Der Text macht immer wieder bewusst, im täglichen Leben hat jeder etwas zu „opfern“ im Sinne von „dem Anderen geben, schenken“. Geld ist dabei nicht entscheidend. Die Frage ist: Was ist mein Scherflein? Was kann ich dazu beitragen? Etwas, was das Leben lebenswerter macht. Stichwort in diesen Zeiten: Entschleunigung. Zeit für andere nehmen. Mal wieder jemand anrufen, einen Weg erledigen für jemand, der sich wegen Ansteckungsgefahr nicht raus traut.
Mein kleiner Beitrag bringt sowieso nichts? Die Witwe traut sich zwischen die Reichen, die viel geben können. Das ist ihr egal, weil sie mit ihrem Opfer Gott dienen will. Wie Jesus seinen Jüngern sagt: Gott sieht die Absicht. Und wen wir beschenken, der sieht diese Absicht auch. Auch kleine Gaben.
Vielleicht einmal trotz Mund-Nasen-Schutz ein freundliches Lächeln verschenken, wenn jemand auf engem Weg zur Seite geht. Dieses Lächeln wird garantiert erwidert. Und vielleicht kommt sogar ein - für uns im Norden etwas ungewöhnliches - „Vergelt’s Gott“, was ich neulich durch die Maske hindurch verstanden habe.
am Vierten Sonntag nach Trinitatis zu 1 Samuel 24 und Römer 12,17-21. Von Anne Dill und Charlotte Scheller. Audio s.u. Eine Oase an einer Quelle, nicht weit vom Toten Meer, En Gedi. Der junge David ist als Anführer einer Freischar unterwegs, um die Landesgrenzen zu sichern.
David: Der Tag war lang. Von früh bis spät sind wir umher-gestreift, um unsere Feinde zu besiegen. Wir sind eine starke Truppe. David und seine Männer. An vielen Stellen haben wir die Philister geschlagen. Jetzt suchen meine Leute und ich ein Nachtquartier. Hier ist eine Höhle! Die wird passen. Da hinein verziehen wir uns jetzt.
Gerade genug Platz, um zu übernachten. Hier sind wir sicher. Vor Feinden und vor wilden Tieren.
David und seine Männer verschwinden in der Höhle. König Saul nähert sich mit einem Trupp seiner Soldaten.
Saul: Kommt, Leute!
Wir brauchen dringend ein Nachtquartier!
Es ist schon dunkel. Habt ihr eine Idee? Vielleicht…da! Das könnte eine Höhle sein. Ja, die nehmen wir.
Hier können wir heute Nacht bleiben.
Auch wenn ich König Saul bin: Ich brauch ‘ne Pause.
Die ganze Hetzerei nach diesem Verräter, David. Und jetzt haben wir ihn immer noch nicht gefunden. Aber morgen, das sage ich euch, morgen finden wir ihn und dann bringen wir ihn um! Kommt, rein mit Euch! Da drüben könnt ihr hin. Ich schlafe hier.
Saul betritt mit seinen Soldaten die Höhle und lässt sich im vorderen Teil nieder. Weiter hinten wird David aufmerksam.
David: Habt ihr‘s auch gesehen? Vorne in der Höhle ist König Saul mit seinen Leuten. Er schläft. Was sagt ihr? Der Herr hat ihn in meine Hand gegeben?! Ich soll ihn töten? Das ist die Gelegenheit? Das wird schwer.
David schleicht zu Saul, geht auf leisen Sohlen um ihn herum, betrachtet ihn. Er schläft ganz fest. David hebt sein Schwert. Soll ich das wirklich tun?
Ein scharfes Geräusch. Mit dem Schwert hat David einen Zipfel des Königsmantel abgeschnitten. Ohne Saul zu wecken.
Ich war ihm ganz nah. Ich hätte ihn umbringen können. Gott bewahre mich davor, so etwas zu tun!
Saul wird wach. Ein neuer Morgen! Aufstehen! Wir müssen los. Macht euch fertig!
Heute finden wir David, ich bin mir ganz sicher. Und dann bring ich ihn um!
König Saul verlässt mit seinen Soldaten die Höhle. David läuft hinter ihm her.
David: Saul, mein König und mein Herr!
Saul wendet sich um:David? Bist du das etwa? Was machst du hier?
David: Warum hörst du auf den Unsinn, den die Leute reden? Die Leute sagen, David will, dass du unglücklich bist. Jetzt siehst du mit eigenen Augen, dass das Geschwätz ist. Du warst in der Falle. Man hat mir geraten, ich soll dich umbringen. Aber ich habe es nicht getan. Mein Vater, sieh hier dieses Stück Stoff in meiner Hand! Ich hab‘ nur ein Stück von deinem Mantel abgeschnitten. Daran siehst du, ich habe nichts Böses gegen dich im Sinn. Weiß Gott, du hast mir Unrecht getan. Aber ich werde mich nicht an dir rächen. Gott sagt: „Mein ist die Rache.“ Ich überlasse es ihm. Er wird für Gerechtigkeit sorgen.
Saul: David, mein Sohn, es tut mir Leid! Du hättest dich rächen können. Aber das hast du nicht getan. Ich wollte dir Böses. Aber du bist mir im Guten begegnet. Jetzt weiß ich: Du wirst König werden. Aber, David, versprich mir bei Gott, dass du meine Familie nicht dafür büßen lässt, was ich dir antun wollte.
David: Mein Vater, das verspreche ich dir.
David und König Saul verlassen die Oase in verschiedene Richtungen und ziehen, jeder mit seinen Männern, ihrer Wege.
Anne Dill: Da haben wir’s. Vielleicht ist David deshalb als legendärer König in Israels Geschichte eingegangen. Weil er das hingekriegt hat. Das mit dem Frieden machen. Was mehr als tausend Jahre später Paulus den Christen zumutet. Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. »Wenn dein Feind Hunger hat, gib ihm zu essen. Wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, ist es, als ob du glühende Kohlen auf seinem Kopf anhäufst.«
David ist mutig. Er ahnt, Saul sehnt sich tief drinnen nach Frieden. Wie er selber auch. Er rächt sich nicht an Saul. Er riskiert womöglich sein Leben für diesen Dialog am Eingang der Höhle. Saul, warum verfolgst du mich? Mein König. Mein Herr. David lässt Saul den Vortritt. Obwohl beide genau wissen, Saul ist angezählt. David ist längst zum König gesalbt. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann Saul abdanken muss. David hält an der Bindung fest. Mein Vater, sagt er. Ich gebe mich mit einem Fetzen deines Königsmantels zufrieden, bis meine Zeit kommt.
Charlotte Scheller: Glühende Kohlen auf Sauls Kopf. Ich stelle mir vor, dem König wird heiß. Nicht nur auf dem Kopf. Noch mehr in der Brust. Sein Herz, das er ganz fest verschlossen hat, wird weich. Mein Sohn. Ich habe dir Unrecht getan. Vergib mir. Lass es nicht an meinen Kindern aus.
Mag sein, dass David das hinkriegt. Für mich ist so etwas schwer. Ich denke an Menschen und Dinge, die mich wütend machen. Nicht immer habe ich Gutes im Sinn. Öfter möchte ich ein Machtwort sprechen. Oder mit der Faust auf den Tisch hauen. Die Krallen ausfahren, wenn ich angegriffen werde, und mich wehren. Dabei ist es gar nichts Großes, das Paulus von mir will. Macht Frieden. Soweit es an euch liegt. Führt Gutes im Sinn. Die Vergeltung überlasst Gott.
· Was mache ich, wenn ich wütend bin?
· Welchen Zorn möchte ich Gott hinhalten?
· Wo ist es möglich, dass ich Frieden mache?
Wenn Sie mögen, nehmen Sie sich heute und im Lauf der Woche immer wieder einige Minuten Zeit, um diesen Fragen nachzugehen.
Audio siehe weiter unten Langsam wird es unheimlich, immer wieder plötzliche Ausbrüche an vielen Orten, in Wohnblocks, in Betrieben, und die Kommentare und Warnungen: Das ist noch lange nicht vorbei, da kommt die zweite Welle, Impfstoff frühestens im Herbst nächsten Jahres.
Und wir halten uns immer krampfhafter an die Regeln von Abstand und „social distancing“. Und dafür kommen jetzt die Warnungen über Spätfolgen:
An unseren Kindern, die ohne Freunde sind, in den Familien, in denen jetzt „die Luft brennt“, für die „Risikogruppen“,
die Älteren und die körperlich und seelisch Eingeschränkten in den betreuten Wohngruppen, in Pflege- und Altersheimen, die man jetzt am liebsten „sicherheitshalber“ isolieren möchte.
Das macht Angst.
Jesus sagt:
In der Welt habt ihr Angst,
aber seid getrost,
ich habe die Welt überwunden.
Was kann das für uns bedeuten? Ich für meinen Teil ziehe eine Kraft daraus, die mich zuversichtlich bleiben lässt trotz des Donnergrollens immer neuer negativer Fakten und Ereignisse, neuer schlechter Nachrichten und größer werdender sorgenvoller Gedanken wie: Werde ich irgendwann wieder meine Kinder, meine Enkel in den Arm nehmen können, mit ihnen ohne Distanzen rund um einen Tisch sitzen, reden, lachen und singen können?
Die Quelle dieser Kraft ist der Trost, den Jesus mir gibt, weil er als Mensch auf dieser Welt gelebt hat und deshalb alle diese menschlich-allzu menschlichen Dinge selbst erlebt, erlitten hat. Er hat um Jerusalem geweint, seine Jünger geliebt,
seinen Zorn im Tempel haben die Händler und Geldwechsler gespürt, seine Furcht war im Gebet in Gethsemane zu hören.
Das macht IHN für mich zu einem Glaubwürdigen, zu einem, an den ich glauben kann in allem, was er sagt und tut.
Ich habe die Welt überwunden, sagt Jesus, und das war kein Sonntagsnachmittags-Spaziergang bei Sonnenschein im Park.
Überwunden durch seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung.
Überwinden ist deshalb genau das richtige Wort. Dahinter steht die einzigartige Kraft, die das möglich macht: Gottes Gnade und Liebe. Damit kann auch ich überwinden:
Hindernisse, Mauern, Angst, Unsicherheit, Verlassenheit, Traurigkeit, Not und vieles andere. Das wird Kraft in Anspruch nehmen, auch für mich wird das kein Sonntagsnachmittags-Spaziergang, aber vielleicht mein Weg zu einem Punkt, wo ich wie der Schreiber im Psalm (Ps 18,30) sagen kann:
Evangelisches Gesangbuch 317,1 Choralbearbeitung von Johann Gottfried Walter und Liedstrophe, eingespielt von Martin Begemann an der Orgel St. Jacobi
1 Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren, meine geliebete Seele, das ist mein Begehren. Kommet zuhauf, Psalter und Harfe, wacht auf, lasset den Lobgesang hören!
Er öffnet die schwere Tür. Seine Augen brauchen einen Moment, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt haben. Kein Vergleich zum hellen Sommerlicht draußen. Die Kirche ist groß und still. Ab und an ist er schon hier gewesen. Es beruhigt ihn, dass er sich nicht ganz so fremd hier vorkommt.
Aber… Er zögert. Wartet. Er könnte wieder gehen. Er muss das hier nicht machen...
Doch - muss er. Die ganzen letzten Wochen hat er drüber nachgedacht. Alleine beten hat diesmal nicht geholfen. Sein schlechtes Gewissen kann er diesmal allein nicht beruhigen. Dieses Mal ist es anders. Dieses Mal braucht er jemanden, an den er das alles loswerden kann. Deswegen ist er hier. In dieser fremden und doch irgendwie vertrauten Kirche. Geht zu einem Pfarrer, den er nicht kennt und der ihn nicht kennt.
„Ich weiß nicht, wie das geht und was ich sagen muss“. Er schaut auf seine Füße.
„Erzählen Sie einfach!“
Schweigen. Der andere wartet geduldig.
Dann bricht es stockend aus ihm heraus. Das, was er gemacht hat. Wofür er sich so schämt.
Von dem er tief in seinem Herzen fühlt, dass es falsch ist.
Und auch, wenn es ihm kaum über die Lippen kommt und es ihm richtig peinlich ist, es tut gut, endlich auszusprechen, endlich jemandem, endlich Gott, ganz offiziell zu sagen:
„Ich weiß, ich hab’s versaut. Ich hab Schuld auf mich geladen. Es tut mir Leid!“
Er ist fertig mit seinem Bericht.
„Im Namen Gottes spreche ich Dich los“, sagt der andere. „Deine Schuld ist Dir vergeben. Du bist frei.“
Und frei - das ist er jetzt wirklich. Eine zentnerschwere Last, die Qual von vielen Wochen, fällt von ihm ab. Die Kirchentür fällt mit Wucht hinter ihm zu. Er steht draußen. Blinzelt. Die Sonne strahlt in sein Gesicht.
Und dann hüpft er fast zum Bahnhof.
Von Schuld und der Sehnsucht nach Vergebung handelt auch unser Predigttext heute. Er führt uns ins alte Israel. Die Menschen dort wussten: Wir haben uns nicht an Gottes Gebote gehalten. Wir haben nicht auf ihn gehört. Sie fühlen sich allein. Fern von Gott.
Die Verbindung zu ihm ist schlecht geworden oder sogar abgerissen.
Und sie spüren auch: So kann es nicht weitergehen.
Dann sagen sie Gott, was sie längst für sich wussten: „Wir haben es falsch gemacht. Wir sind schuldig geworden vor anderen und vor Dir. Es tut uns Leid!“
Und Gott? Der hat darauf nur gewartet:
Er ist nicht nachtragend. Will nicht für immer zornig sein. Er hat Erbarmen. Er vergibt die Schuld.
Und die Menschen sind frei.
Ich lese den Predigttext für den heutigen Sonntag im Buch Micha im 7. Kapitel:
Wo ist solch ein Gott, wie Du es bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld denen, die geblieben sind als Rest seines Erbteils; der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er hat Gefallen an Gnade!
Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.
Du wirst Jakob die Treue halten und Abraham Gnade erweisen, wie Du unsern Vätern vorzeiten geschworen hast.
Wenn ich weiß, ich habe etwas falsch gemacht und möchte diese Last wieder los werden, dann will ich von Gott hören:
Komm her zu mir. Ich halte Dir die Treue. Ich mache Dich frei.
Ich lade Sie ein, einen Moment zu überlegen:
Wo habe ich jemandem weh getan?
Wo bin ich schuldig geworden in Wort oder Tat gegen einen anderen Menschen, gegen Gott oder gegen mich selbst? Ich halte Gott hin, was mir schwer auf der Seele liegt…
Schuldenlasten. An Gott habe ich sie abgegeben. Ich bin frei.
Und so kann ich wie die Menschen im Predigttext sagen: Gott, Du wirfst meine Sünden bis ins tiefste Meer. Da wo kein Mensch hinkommt. Dahin, wo kein Licht hinfällt, wo es absolut dunkel ist. Sie sind fort und ich bin frei.
Gott, so wie Du Jakob die Treue gehalten hast, so bist Du mir treu. Du warst mit ihm, hast ihn beschützt, obwohl er seinen Vater und seinen Bruder betrogen hat. Du hast ihn nicht aufgegeben. So bist Du auch mit mir. Gibst mich nicht auf. Machst mich heile und ich bin wieder fröhlich. Dank sei Dir! Amen.