Wer ist ein Gott wie du? Predigt zum 3. Sonntag nach Trinitatis von Anne Dill

Sat, 27 Jun 2020 11:57:47 +0000 von Charlotte Scheller

Predigt zu Micha 7,18-20  (Audio siehe unten)
Seine Füße sind schwer wie Blei. Sein Herz rast. 
Die Hände feucht. Vor Aufregung und vor Angst. 
Soll er? Soll er nicht? 
Er öffnet die schwere Tür. Seine Augen brauchen einen Moment, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt haben. Kein Vergleich zum hellen Sommerlicht draußen. Die Kirche ist groß und still. Ab und an ist er schon hier gewesen.  Es beruhigt ihn, dass er sich nicht ganz so fremd hier vorkommt. 
 
Aber… Er zögert. Wartet. Er könnte wieder gehen. Er muss das hier nicht machen... 

Doch - muss er. Die ganzen letzten Wochen hat er drüber nachgedacht. Alleine beten hat diesmal nicht geholfen. Sein schlechtes Gewissen kann er diesmal allein nicht beruhigen. Dieses Mal ist es anders. Dieses Mal braucht er jemanden, an den er das alles loswerden kann. Deswegen ist er hier. In dieser fremden und doch irgendwie vertrauten Kirche. Geht zu einem Pfarrer, den er nicht kennt und der ihn nicht kennt. 
 
„Ich weiß nicht, wie das geht und was ich sagen muss“. Er schaut auf seine Füße. 
„Erzählen Sie einfach!“ 
Schweigen. Der andere wartet geduldig. 
 
Dann bricht es stockend aus ihm heraus. Das, was er gemacht hat. Wofür er sich so schämt. 
Von dem er tief in seinem Herzen fühlt, dass es falsch ist.
Und auch, wenn es ihm kaum über die Lippen kommt und es ihm richtig peinlich ist, es tut gut, endlich auszusprechen, endlich jemandem, endlich Gott, ganz offiziell zu sagen: 
„Ich weiß, ich hab’s versaut. Ich hab Schuld auf mich geladen. Es tut mir Leid!“
 
Er ist fertig mit seinem Bericht.
„Im Namen Gottes spreche ich Dich los“, sagt der andere. „Deine Schuld ist Dir vergeben. Du bist frei.“
Und frei - das ist er jetzt wirklich. Eine zentnerschwere Last, die Qual von vielen Wochen, fällt von ihm ab. Die Kirchentür fällt mit Wucht hinter ihm zu. Er steht draußen. Blinzelt. Die Sonne strahlt in sein Gesicht. 
Und dann hüpft er fast zum Bahnhof.
 
Von Schuld und der Sehnsucht nach Vergebung handelt auch unser Predigttext heute. Er führt uns ins alte Israel. Die Menschen dort wussten: Wir haben uns nicht an Gottes Gebote gehalten. Wir haben nicht auf ihn gehört. Sie fühlen sich allein. Fern von Gott. 
Die Verbindung zu ihm ist schlecht geworden oder sogar abgerissen. 
Und sie spüren auch: So kann es nicht weitergehen.
Dann sagen sie Gott, was sie längst für sich wussten: „Wir haben es falsch gemacht. Wir sind schuldig geworden vor anderen und vor Dir. Es tut uns Leid!“
 
Und Gott? Der hat darauf nur gewartet:
Er ist nicht nachtragend. Will nicht für immer zornig sein. Er hat Erbarmen. Er vergibt die Schuld.
 
Und die Menschen sind frei.
 
Ich lese den Predigttext für den heutigen Sonntag im Buch Micha im 7. Kapitel:
 
Wo ist solch ein Gott, wie Du es bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld denen, die geblieben sind als Rest seines Erbteils; der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er hat Gefallen an Gnade!
Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.
Du wirst Jakob die Treue halten und Abraham Gnade erweisen, wie Du unsern Vätern vorzeiten geschworen hast.
 
Wenn ich weiß, ich habe etwas falsch gemacht und möchte diese Last wieder los werden, dann will ich von Gott hören:
Komm her zu mir. Ich halte Dir die Treue. Ich mache Dich frei.
 
Ich lade Sie ein, einen Moment zu überlegen: 
Wo habe ich jemandem weh getan? 
Wo bin ich schuldig geworden in Wort oder Tat gegen einen anderen Menschen, gegen Gott oder gegen mich selbst? Ich halte Gott hin, was mir schwer auf der Seele liegt… 
 
Schuldenlasten. An Gott habe ich sie abgegeben. Ich bin frei.
 
Und so kann ich wie die Menschen im Predigttext sagen: Gott, Du wirfst meine Sünden bis ins tiefste Meer. Da wo kein Mensch hinkommt. Dahin, wo kein Licht hinfällt, wo es absolut dunkel ist. Sie sind fort und ich bin frei. 
 
Gott, so wie Du Jakob die Treue gehalten hast, so bist Du mir treu. Du warst mit ihm, hast ihn beschützt, obwohl er seinen Vater und seinen Bruder betrogen hat. Du hast ihn nicht aufgegeben. So bist Du auch mit mir. Gibst mich nicht auf. Machst mich heile und ich bin wieder fröhlich. Dank sei Dir! Amen. 
Quelle: 349552_web_R_K_by_Monika von Borstel_pixelio.de.jpg
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