am Vierten Sonntag nach Trinitatis zu 1 Samuel 24 und Römer 12,17-21. Von Anne Dill und Charlotte Scheller. Audio s.u.
Eine Oase an einer Quelle, nicht weit vom Toten Meer, En Gedi. Der junge David ist als Anführer einer Freischar unterwegs, um die Landesgrenzen zu sichern.
Eine Oase an einer Quelle, nicht weit vom Toten Meer, En Gedi. Der junge David ist als Anführer einer Freischar unterwegs, um die Landesgrenzen zu sichern.
David: Der Tag war lang. Von früh bis spät sind wir umher-gestreift, um unsere Feinde zu besiegen. Wir sind eine starke Truppe. David und seine Männer. An vielen Stellen haben wir die Philister geschlagen. Jetzt suchen meine Leute und ich ein Nachtquartier. Hier ist eine Höhle! Die wird passen. Da hinein verziehen wir uns jetzt.
Gerade genug Platz, um zu übernachten. Hier sind wir sicher. Vor Feinden und vor wilden Tieren.
David und seine Männer verschwinden in der Höhle. König Saul nähert sich mit einem Trupp seiner Soldaten.
Saul: Kommt, Leute!
Wir brauchen dringend ein Nachtquartier!
Es ist schon dunkel. Habt ihr eine Idee? Vielleicht…da! Das könnte eine Höhle sein. Ja, die nehmen wir.
Hier können wir heute Nacht bleiben.
Auch wenn ich König Saul bin: Ich brauch ‘ne Pause.
Die ganze Hetzerei nach diesem Verräter, David. Und jetzt haben wir ihn immer noch nicht gefunden. Aber morgen, das sage ich euch, morgen finden wir ihn und dann bringen wir ihn um! Kommt, rein mit Euch! Da drüben könnt ihr hin. Ich schlafe hier.
Saul betritt mit seinen Soldaten die Höhle und lässt sich im vorderen Teil nieder. Weiter hinten wird David aufmerksam.
David: Habt ihr‘s auch gesehen? Vorne in der Höhle ist König Saul mit seinen Leuten. Er schläft. Was sagt ihr? Der Herr hat ihn in meine Hand gegeben?! Ich soll ihn töten? Das ist die Gelegenheit? Das wird schwer.
David schleicht zu Saul, geht auf leisen Sohlen um ihn herum, betrachtet ihn.
Er schläft ganz fest. David hebt sein Schwert. Soll ich das wirklich tun?
Er schläft ganz fest. David hebt sein Schwert. Soll ich das wirklich tun?
Ein scharfes Geräusch. Mit dem Schwert hat David einen Zipfel des Königsmantel abgeschnitten. Ohne Saul zu wecken.
Ich war ihm ganz nah. Ich hätte ihn umbringen können. Gott bewahre mich davor, so etwas zu tun!
Saul wird wach. Ein neuer Morgen! Aufstehen! Wir müssen los. Macht euch fertig!
Heute finden wir David, ich bin mir ganz sicher. Und dann bring ich ihn um!
König Saul verlässt mit seinen Soldaten die Höhle. David läuft hinter ihm her.
David: Saul, mein König und mein Herr!
Saul wendet sich um: David? Bist du das etwa? Was machst du hier?
David: Warum hörst du auf den Unsinn, den die Leute reden? Die Leute sagen, David will, dass du unglücklich bist. Jetzt siehst du mit eigenen Augen, dass das Geschwätz ist. Du warst in der Falle. Man hat mir geraten, ich soll dich umbringen. Aber ich habe es nicht getan. Mein Vater, sieh hier dieses Stück Stoff in meiner Hand! Ich hab‘ nur ein Stück von deinem Mantel abgeschnitten. Daran siehst du, ich habe nichts Böses gegen dich im Sinn. Weiß Gott, du hast mir Unrecht getan. Aber ich werde mich nicht an dir rächen. Gott sagt: „Mein ist die Rache.“ Ich überlasse es ihm. Er wird für Gerechtigkeit sorgen.
Saul: David, mein Sohn, es tut mir Leid! Du hättest dich rächen können. Aber das hast du nicht getan. Ich wollte dir Böses. Aber du bist mir im Guten begegnet. Jetzt weiß ich: Du wirst König werden. Aber, David, versprich mir bei Gott, dass du meine Familie nicht dafür büßen lässt, was ich dir antun wollte.
David: Mein Vater, das verspreche ich dir.
David und König Saul verlassen die Oase in verschiedene Richtungen und ziehen, jeder mit seinen Männern, ihrer Wege.
Anne Dill: Da haben wir’s. Vielleicht ist David deshalb als legendärer König in Israels Geschichte eingegangen. Weil er das hingekriegt hat. Das mit dem Frieden machen. Was mehr als tausend Jahre später Paulus den Christen zumutet. Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. »Wenn dein Feind Hunger hat, gib ihm zu essen. Wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, ist es, als ob du glühende Kohlen auf seinem Kopf anhäufst.«
David ist mutig. Er ahnt, Saul sehnt sich tief drinnen nach Frieden. Wie er selber auch. Er rächt sich nicht an Saul. Er riskiert womöglich sein Leben für diesen Dialog am Eingang der Höhle. Saul, warum verfolgst du mich? Mein König. Mein Herr. David lässt Saul den Vortritt. Obwohl beide genau wissen, Saul ist angezählt. David ist längst zum König gesalbt. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann Saul abdanken muss. David hält an der Bindung fest. Mein Vater, sagt er. Ich gebe mich mit einem Fetzen deines Königsmantels zufrieden, bis meine Zeit kommt.
Charlotte Scheller: Glühende Kohlen auf Sauls Kopf. Ich stelle mir vor, dem König wird heiß. Nicht nur auf dem Kopf. Noch mehr in der Brust. Sein Herz, das er ganz fest verschlossen hat, wird weich. Mein Sohn. Ich habe dir Unrecht getan. Vergib mir. Lass es nicht an meinen Kindern aus.
Mag sein, dass David das hinkriegt. Für mich ist so etwas schwer. Ich denke an Menschen und Dinge, die mich wütend machen. Nicht immer habe ich Gutes im Sinn. Öfter möchte ich ein Machtwort sprechen. Oder mit der Faust auf den Tisch hauen. Die Krallen ausfahren, wenn ich angegriffen werde, und mich wehren. Dabei ist es gar nichts Großes, das Paulus von mir will. Macht Frieden. Soweit es an euch liegt. Führt Gutes im Sinn. Die Vergeltung überlasst Gott.
· Was mache ich, wenn ich wütend bin?
· Welchen Zorn möchte ich Gott hinhalten?
· Wo ist es möglich, dass ich Frieden mache?
Wenn Sie mögen, nehmen Sie sich heute und im Lauf der Woche immer wieder einige Minuten Zeit, um diesen Fragen nachzugehen.