Grüne Welle am Roten Meer - Predigtgedanken zu Exodus 14 von Charlotte Scheller und Anne Dill

Sat, 18 Jul 2020 16:02:17 +0000 von Anne Dill

(Audio zum Hören weiter unten auf dieser Seite)


Grüne Welle am Roten Meer – Gedanken zu Exodus 14

Charlotte Scheller: Heute kommt der Pharao! Eine gute Nachricht. Wenn der „Pharao“ in den Kindergarten kommt, freuen sich die Kinder. Er bringt jede Menge Süßigkeiten mit. Und eine Bibelgeschichte. Vom Auszug aus Ägypten zum Beispiel. Er strahlt eine Freundlichkeit aus, die schon die Kleinsten etwas ahnen lässt von der Güte Gottes. Generationen von Kindern haben den Pfarrer Pharao genannt. Sie haben Person und   Botschaft als eins gesehen. Der Pharao kommt. Welches Kind würde sich nicht freuen!
 
Anders wird der Name „Pharao“ in den Ohren der Israeliten geklungen haben. Ein grausamer Herrscher. Er entscheidet, ob das Leben schwer ist oder erträglich. Er ist unberechenbar. Mal zugänglich für das Anliegen der hebräischen Arbeiter, dann wieder unerbittlich. Scheinbar zur Vernunft gebracht durch die Plagen, die Gott seinem Land schickt als Zeichen: Du bist nicht Herr über die Natur. Nicht Herr über Leben und Tod. Ihr Gott ist mächtiger als er. Klug willigt er ein, sie ziehen zu lassen. Und dann setzt er ihnen nach mit schwerer Artillerie und tausenden Soldaten. Eiskalt rechnet er sich aus, wo sie zu erwischen sind. Das Geschenk der Freiheit ist nichts als eine Falle. Rote Welle am Roten Meer. Ist er nur uneinsichtig oder zuriefst böse? 
 
Anne Dill: Losgehen. Was Neues wagen. Manchmal geht’s ganz schnell. Die Vorfreude ist groß. Lange genug gewartet. Alles ist vorbereitet:
Er freut sich auf das neue Haus. Endlich können sie einziehen. Genug Platz für alle. Die Kinder haben endlich ihr eigenes Reich. Er muss nicht mehr am Küchentisch arbeiten. Und seine Frau genießt den Garten schon jetzt. 
 
Manchmal ist es einfach Zeit loszugehen: 
Sie freut sich auf die Schule. Für den Kindergarten ist sie jetzt zu groß. Das spürt sie selbst. Doch Abschiednehmen ist nicht leicht. Auch wenn die Schule, ein neues Abenteuer, nur darauf wartet, entdeckt zu werden.
 
Manchmal wird man rausgeschmissen aus dem alten Leben. Ich muss losgehen, aber will gar nicht. Weil ich mich gut eingerichtet habe.
 
Es kann leicht sein, nach vorne zu schauen und der Zukunft entgegen zu gehen. Mein Herz ist tanzt. Ich bin frei. 
Und manchmal schaue ich eben doch zurück. 
Oder die Vergangenheit holt mich ein. 
 
So ist es bei den Israeliten:
„Wie Donnergrollen hören sie Pharaos Truppen näher rollen“. Sie sind in der Falle. Hinter ihnen die Ägypter. Vor ihnen das Meer.
Sie schreien zu Gott: „Wir sind verloren! Rette uns!“
 
Gerade erst hat Gott seine Macht gezeigt. Hat sie aus der Sklaverei befreit. Zukunft geschenkt. Alles ist möglich.
Doch in diesem Moment ist das vergessen.
Die Angst ist riesengroß. Alle Ampeln stehen auf Rot. 
 
Charlotte Scheller: In der Falle. So fühlt sich die Frau, als die Nachricht kommt. Die Krankheit ist bedrohlich. Kann zum Tod führen. Das kann gar nicht sein, denkt sie, nicht ich. Gerade ist mein Leben in Fluss gekommen. Und jetzt diese Vollbremsung. Aber kein Zweifel, es ist ihr Befund. Plötzlich stehen alle Ampeln auf Rot. Niemand kann ihr sagen, wie es weitergeht. Es ist ihr Geburtstag. Werde ich ihn wieder feiern, ein weiteres Mal? Es wird kein Spaziergang, sagt ihr Mann. Wir kennen den Feind. Er wird uns zusetzen. Er kommt mit schweren Geschützen. Rechts und links lauern Gefahren. Du hast Angst. Der Weg dauert lange. Er ist gefährlich wie ein tiefes Meer. Aber es gibt kein Entkommen. Wir müssen da durch. Zusammen. Ich steh hinter dir. Egal wie es kommt!
 
Anne Dill: Die Israeliten ziehen durch das geteilte Meer. 
Wassermauern an beiden Seiten. 
Da müssen sie jetzt durch. 
 
„Da musst Du durch“. Ich weiß.
Leicht gesagt. Schwer anzunehmen. Noch schwerer zu tun. 
Der Durchzug dauert. Ich hüpfe nicht lachend auf einem Bein so nebenbei da durch. Ich sinke ein im Schlick. 
Jetzt ist es das Wasser, das grollt. 
 
 
Gott, wo bist Du bei der ganzen Sache? 
Ich kann Dich nicht sehen. 
 
Charlotte Scheller: Den Israeliten hat Gott einen Engel geschickt. Der stand hinter ihnen. Zwischen den Männern, Frauen und Kindern und dem ägyptischen Heer. Mir hat Gott auch einen Engel geschickt, denkt die Frau. Einen Schilfmeer-Auseinanderpuster. 
 
Anne Dill: Irgendwie bleiben die Wassermauern stehen. Es ist nicht mein Vertrauen, das sie halten lässt. Sondern ein anderer steht da, am Ufer mit ausgestrecktem Arm. Den Stab übers Meer gereckt. Sein Vertrauen reicht für uns beide. Er glaubt für mich mit. 
 Gott schickt einen Wellenbändiger. 
 Den kann ich schon sehen:
 
Den Mechaniker in der Werkstatt, der sagt: „Das kriegen wir wieder hin.“
Die Freundin, die mit mir betet.
Oder die Kassiererin, die mich ganz ohne Grund anlächelt.
 
Und es gibt da noch einen. Der hat’s richtig drauf. „Seid still”, hat er zum Sturm und den tosenden Wellen gesagt. Und dann war still. 
Ihm will ich vertrauen.
 
Charlotte Scheller: Er war selbst hilflos an dem Abend im Garten Gethsemane. Jesus weiß: Der schwere Weg beginnt jetzt. Er führt ans Kreuz. Jesus betet: „Vater, wenn du willst, lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“ Jesus ergibt sich. Er geht den Weg mit, um mir nahe zu sein. Wenn es ins Tiefe geht. Wenn ganze Heere von Gedanken mich bedrängen. Wenn die Umstände meine Freiheit einschränken. Nicht mein Wille. Nicht immer bleibt mir der Weg durch die Fluten erspart. Aber Gott ist da. Tag und Nacht. Vor allem in den Nächten. Sein Engel steht hinter mir. Ein Schilfmeer-Auseinanderpuster. Vor mir liegt das Gelobte Land, auch wenn der Weg noch weit ist. Jesus ist der Wegweiser. An ihn will ich mich halten. Es geht nicht nur durch die Wüste. Es sind auch Gärten am Weg. Die lassen ahnen, wie es einmal wird. Jeder ist frei, zu gehen oder zu bleiben. Frau und Kind und Mann. Selbst der Pharao bringt gute Nachrichten. Grüne Welle am Roten Meer! 
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