Selig sind die Friedensstifter, denn sie werden Gottes Kinder heißen. Matthäus 5,9. Mit Video-Link zu einer Reportage über die Sea-Watch 4 vom 25. August 2020
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Fünfundsiebzig Jahre Frieden in Deutschland. Auf den Mahnmalen stehen die Namen der Männer, die in den beiden Kriegen gestorben sind oder vermisst blieben. Wir wollen sie nicht vergessen und auch die anderen nicht, Frauen, Männer und Kinder, die Hunger und Leid ertragen haben. Die Gedenkfeiern finden heute in kleinstem Kreis statt. Vor drei Tagen war der 65. Geburtstag der Bundeswehr. Die Vereidigung junger Soldatinnen und Soldaten hat diesmal ohne große Öffentlichkeit stattgefunden. 1955, bei der Vereidigung der ersten Soldaten, sagte Verteidigungsminister Theodor Blank: Es ist unbedingt notwendig, „aus den Trümmern des Alten wirklich etwas Neues wachsen zu lassen“. Damals war Aufbruchszeit. Das Zusammenleben sollte neu geordnet werden. Im Land und gegenüber anderen Nationen.
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Fünfundsiebzig Jahre Frieden in Deutschland. Auf den Mahnmalen stehen die Namen der Männer, die in den beiden Kriegen gestorben sind oder vermisst blieben. Wir wollen sie nicht vergessen und auch die anderen nicht, Frauen, Männer und Kinder, die Hunger und Leid ertragen haben. Die Gedenkfeiern finden heute in kleinstem Kreis statt. Vor drei Tagen war der 65. Geburtstag der Bundeswehr. Die Vereidigung junger Soldatinnen und Soldaten hat diesmal ohne große Öffentlichkeit stattgefunden. 1955, bei der Vereidigung der ersten Soldaten, sagte Verteidigungsminister Theodor Blank: Es ist unbedingt notwendig, „aus den Trümmern des Alten wirklich etwas Neues wachsen zu lassen“. Damals war Aufbruchszeit. Das Zusammenleben sollte neu geordnet werden. Im Land und gegenüber anderen Nationen.
Wo stehen wir heute? Sagen wir „Nie wieder Krieg“ wie die ersten Politiker der jungen Bundesrepublik? Oder nehmen wir unsere Verantwortung wahr, indem wir in die Konflikte der Welt eingreifen? Jedenfalls reden wir darüber. In den Familien, den Schulen, den Vereinen und der Kirche üben wir die Grundhaltungen ein, die Frieden ermöglichen. Jeder und jede kann dazugehören, unabhängig von Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Religion und Lebensentwurf.
Jesus sagt: Selig sind die Friedfertigen, denn sie sollen Gottes Kinder heißen. Der Frieden in der Welt ist gefährdet, er wird geschändet, zerstört, missachtet. Die Liste ist lang. In Syrien ist Krieg. In der Ukraine. Es ist immer noch kein Frieden in Afghanistan, in Somalia, in Äthiopien, in Palästina. Aktuell sind mehr Menschen auf der Flucht vor Krieg und Gewalt als je zuvor. In der vergangenen Woche sind 90 Männer, Frauen und Kinder im Mittelmeer ertrunken. Das Rettungsschiff Sea Watch 4 konnte schon 350 Menschen aus Seenot retten. Aber jetzt liegt es fest im Hafen von Palermo.
Das Unrecht schreit zum Himmel. Eher leise klingt dagegen, was Jesus in seiner Bergpredigt sagt: Selig sind die Friedfertigen. Wörtlich steht „Friedensmacher“ da. Frieden ist eine Fertigkeit, ein Handwerk, eine Kunst. Die Fähigkeit, sich zu begrenzen, sich in Konflikten zurückzunehmen. Die Kunst, auf Menschen zuzugehen mit ganz anderer Herkunft, Überzeugung oder Lebensweise. Es ist harte Arbeit, Mauern zu überwinden. Gerade wenn wir unsere Gründe haben zu mauern, weil man uns verletzt hat. Gerade wenn uns das Fremde Angst macht. Wie können wir als Christenmenschen Frieden machen?
Man kann die Worte Jesu auch so übersetzen: „Glückselig sind, die Frieden stiften“. Frieden muss gemacht werden. Und es macht etwas mit dir, wenn du Frieden stiftest. Ganz sicher im Himmel. Aber auch schon hier, mitten im Leben, auf der Erde.
Im Radio habe ich von zwei Vätern gehört. Ihre Kinder sind ums Leben gekommen bei dem Anschlag in Paris vor fünf Jahren. Ein dreiköpfiges Terror-Kommando hatte im Club Bataclan ein Blutbad angerichtet. Georges hat seine Tochter verloren. Azdynes Sohn war einer der Täter. Georges wird seine Tochter Lola immer vermissen, der Schmerz hört nicht auf. Azdyne weiß, wie sich das anfühlt. Er hat seinen Sohn Samy dreimal verloren. Als er sich radikalisierte, ohne dass die Eltern verstanden, was ihm fehlt. Als er nach Syrien ging. Und als er im Bataclan von Polizisten getötet wurde. Azdyne hat inzwischen andere Angehörige von Terroristen getroffen. Sie sind auf sich gestellt. Sie sind auch Opfer des Terrorismus. Georges hat nach dem Tod seiner Tochter eine Opferorganisation gegründet. Er versteht den Schmerz des anderen Vaters. Weil er selbst sein Kind verloren hat. Manche Menschen stören sich daran, dass er sich als Angehöriger nicht so verhält, wie er es in ihren Augen tun müsste: „Ein Angehöriger, ein Opfer sollte sich rächen wollen“, sagt Georges. „Wie in Bruce Willis-Filmen: 'Der Typ hat meine Tochter getötet, jetzt nehme ich meine Waffe und töte den Typen.'“ Die beiden Väter setzen dem etwas entgegen: Ein gemeinsames Buch. Es ist aus ihren Gesprächen gekommen. Sie haben Freundschaft geschlossen. Das Buch heißt: „Il nous reste les mots - Uns bleiben die Worte“. Die Männer stehen auf verschiedenen Seiten der Geschichte. Aber sie stiften Frieden.
Bei Jeremia steht: „Ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr, Gedanken des Friedens und nicht des Leides.“ (Jeremia 29,11). Wir sehnen uns nach Frieden, aber wir kommen oft an unsere Grenzen. Wir wissen nicht, woher die beiden Väter ihre Kraft nehmen. Wir haben die Worte Jesu. Er ist selbst Gottes lebendiges Wort. Selig sind, die Frieden stiften. Das ist eine Glücks-Ansage. Gott hält uns den Weg des Friedens offen. Er ist selbst in Jesus zum Opfer geworden von Unrecht und Gewalt. Der Verbrecher am Kreuz hat sich im letzten Moment an ihn gewendet. Jesus hat ihm vergeben. Aus dem Tod Jesu am Kreuz ist etwas Neues erwachsen. Gott macht ein für alle Mal Frieden mit uns. Deshalb können wir Frieden machen auch mit unserer eigenen Unzulänglichkeit. Und mitarbeiten am Frieden in der Welt. Wir können dagegen protestieren, dass Rettungsschiffe im Hafen feststecken. Uns mit unserer Zeit, unserem Geld, unseren Gebeten dafür einsetzen, dass Geflüchteten geholfen wird. Wir müssen es nicht allein tun. Wir werden wieder an unsere Grenzen kommen. In Europa wurden die Grenzen dicht gemacht zu Beginn der Pandemie. Und es wurden Grenzen überwunden, als die Krankenhäuser Patienten der Nachbarländer aufnahmen. Auch unsere eigenen Grenzen können wir überwinden. Wir können uns an Jesus wenden.
Mit der Schule ein paar Häuser von unserer Kirche entfernt haben wir wieder einen Projekttag geplant. Schüler/innen der achten Klassen entdecken zusammen die Friedenstexte in der Bibel und im Koran. Zeichnen den Fluchtweg einer Mitschülerin nach. Formulieren ihre Sehnsüchte und Träume. Machen zusammen Musik. Malen ihre Stadt des Friedens. In unserem Kindergarten üben Kinder verschiedener Herkunft und Religion, einander mit Respekt zu begegnen. Und auch wir können das Gespräch suchen. Mit einer, die uns fremd ist, oder mit einem, der uns schräg kommt. Wir sind Töchter und Söhne Gottes. Sein Friede, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.