zu EG 511 und Psalm 139,16-18 von Charlotte Scheller
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Das darf doch nicht wahr sein! Nach und nach haben alle Puzzleteile ihren Platz gefunden. Die Weltkarte ist fast fertig. Jedes einzelne Land ist darauf. Alle Ozeane. Grönland. Die Antarktis. Die Flaggen aller Staaten. Aber. Ein Teil fehlt! Ein Stück Sibirien, da, wo die Lena ins Polarmeer mündet. Wir haben die komplette Welt zusammenbekommen. Neunhundertneunundneunzig Teile. Nur eins fehlt.
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Das darf doch nicht wahr sein! Nach und nach haben alle Puzzleteile ihren Platz gefunden. Die Weltkarte ist fast fertig. Jedes einzelne Land ist darauf. Alle Ozeane. Grönland. Die Antarktis. Die Flaggen aller Staaten. Aber. Ein Teil fehlt! Ein Stück Sibirien, da, wo die Lena ins Polarmeer mündet. Wir haben die komplette Welt zusammenbekommen. Neunhundertneunundneunzig Teile. Nur eins fehlt.
Ich habe überall gesucht. Vergeblich. Nun bleibt es so. Wenn ich das Puzzle fixiere und an der Wand in meinem Zimmer aufhänge, wird es mich stören, dieses fehlende Teil, jedes Mal, wenn ich hinschaue. Es ist nicht komplett. Es ist gar nichts!
Ein Lied fällt mir ein.
Weißt du, wie viel Sternlein stehen / an dem blauen Himmelszelt, / weißt du, wieviel Wolken gehen / weithin über alle Welt? Gott, der Herr, hat sie gezählet, / dass ihm auch nicht eines fehlet / an der ganzen großen Zahl, an der ganzen großen Zahl.
Gott würde sich nicht zufrieden geben, schießt es mir durch den Kopf, mit einem fehlenden Teil. Die Sterne, die Wolken am Himmel, alles abgezählt. Mücken und Fische, alles, was sich regt im Wasser und am Land, wurde von ihm ins Dasein gerufen, beim Namen genannt, mit fröhlicher Lebendigkeit gesegnet. Kinder, die morgens früh aufstehen. Gott hat seine Freude an ihnen und sein Wohlgefallen, er liebt sie, einfach weil sie da sind.
Und wenn ihm doch eins verloren ginge? Er würde es suchen. Wie die Frau, von der Jesus erzählt. Sie krempelt alles um, bis sie den verlorenen Groschen wiedergefunden hat. Wie der Hirte. Er lässt die neunundneunzig Schafe im Gatter und geht das eine suchen. Gott würde niemals aufgeben, Gott würde Ausschau halten nach dem einen Kind, das ihm fehlt. Wie der Vater, der dem verloren geglaubten Sohn entgegengeht und ihn umarmt und küsst und neu einkleidet und eine Party gibt, weil er wieder da ist.
Wie kann der Herr im Himmel all die Puzzleteile überblicken? Wie kann er all die Sternlein, Wolken, Mücklein, Fische, Kinder und Erwachsenen in seinem Herzen behalten?
Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, lese ich in Psalm 139, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war. Aber wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken! Wie ist ihre Summe so groß! Wollte ich sie zählen, so wären sie mehr als der Sand: Am Ende bin ich noch immer bei dir.
Mit meinem Denken und Zählen komme ich nicht weit. Ich kann die Welt nicht verstehen, das Wunder des Lebens nicht begreifen, die Tiefe von Gottes Liebe nicht ausloten. Selbst wenn ich nächtelang grüble, wenn mir tausend Gedanken durch den Kopf gehen, bis zum
Polarmeer und zurück, und ich keinen zu fassen kriege. Wenn ich morgens aufwache, nach einem erholsamen Schlaf oder nach einer zergrübelten Nacht, bin ich immer noch bei Gott. Weil er an mir festhält. Weil seine Karte vollständig ist. Das Ende vom Lied geht schließlich so: Gott im Himmel hat an allen / seine Lust, sein Wohlgefallen, / kennt auch dich und hat dich lieb, / kennt auch dich und hat dich lieb. Amen.
Lied: EG 511 Weißt du, wieviel Sternlein stehen, Text: Wilhelm Hey 1837, Melodie: Volkslied um 1818