Hin und weg? Eine Geschichte und drei Impulse zu Jona 1,1-2,11

Sat, 05 Jun 2021 13:14:22 +0000 von Charlotte Scheller

Taizégottesdienst-Team; notiert von Sandra Beverungen und Maj Sylvester
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I. Jona 1,1-3 Das Wort des Herrn kam zu Jona, dem Sohn des Amittai: »Auf! Geh nach Ninive, in die große Stadt, und rede ihr ins Gewissen! Ihr böses Tun ist mir zu Ohren gekommen.« Da machte sich Jona auf den Weg, aber genau in die andere Richtung. Er wollte vor dem Herrn nach Tarsis fliehen. Als er in die Hafenstadt Jafo kam, lag dort ein Schiff, das nach Tarsis fuhr. Er zahlte den Fahrpreis und stieg ein, um mit den Seeleuten nach Tarsis zu gelangen. So glaubte er, dem Herrn aus den Augen zu kommen.
 
Impuls 1: Weglaufen. „Auf! Geh und verkündige den Menschen…!“ Wenn ich mir vorstelle, dass Gott mir so einen Auftrag geben könnte, steht mir der kalte Schweiß auf der Stirn. Dafür muss ich nicht einmal Angst davor haben, öffentlich zu reden; der bloße Gedanke, so schlechte Nachrichten zu überbringen, lässt mich erstarren. Was Menschen mit denjenigen machen, die solche Nachrichten verkünden, haben wir doch im letzten Jahr oft genug gesehen; Gewalt, Verleumdung, Zorn.
Ich verstehe total, warum Jona die Flucht ergreift, ganz weit weg und bloß in die andere Richtung. Jona ist menschlich. Ich würde genauso handeln.
 
·       Wo hast du dich in letzter Zeit einer Aufgabe nicht gestellt? 
·       Wovor bist du weggelaufen?
 
II. Jona 1,4-12 Doch der Herr ließ einen starken Wind losbrechen, der über das Meer fegte. Der Sturm wurde immer stärker, und das Schiff drohte auseinanderzubrechen. Die Matrosen fürchteten sich und schrien um Hilfe, jeder betete zu seinem eigenen Gott. Dann begannen sie, die Ladung über Bord zu werfen, um das Schiff zu entlasten. Jona aber war nach unten in den Frachtraum gestiegen. Er hatte sich hingelegt und war eingeschlafen. Da ging der Kapitän zu ihm hinunter und sagte: »Wie kannst du nur schlafen? Auf! Bete zu deinem Gott! Vielleicht ist er der Gott, der uns retten kann. Dann müssen wir nicht untergehen!«
Die Matrosen sagten zueinander: »Auf! Lasst uns Lose werfen! Sie werden uns sagen, wer schuld daran ist, dass dieses Unglück uns trifft!« Also ließen sie das Los entscheiden, und es traf Jona. Da fragten sie ihn: »Sag uns doch: Wer ist schuld an diesem Unglück? Bist du es? Was ist dein Beruf? Woher kommst du? Wo bist du zu Hause? Aus welchem Volk stammst du?« Er antwortete ihnen: »Ich bin ein Hebräer. Ich verehre den Herrn, den Gott des Himmels. Er hat das Meer und das Festland geschaffen.« Da ergriff die Männer große Furcht, und sie sagten zu ihm: »Was hast du nur getan!« Denn die Männer hatten von seiner Flucht erfahren. Er hatte ihnen erzählt, dass er vor dem Herrn floh. Sie fragten ihn: »Was sollen wir mit dir tun, damit sich das Meer beruhigt und uns verschont?« Denn die See tobte immer wilder. Da sagte er zu ihnen: »Nehmt mich und werft mich ins Meer! Dann wird es sich beruhigen und euch verschonen. Denn ich weiß, dass es allein meine Schuld ist, dass ihr in dieses Unwetter geraten seid.«
 
Impuls 2: Sich stellen oder flüchten. Wenn ich mein Handy entsperre, sind sie immer da: Die Benachrichtigungen. WhatsApp, Emailprogramm oder SMS-Nachrichten. An manchen Tagen fühle ich mich zu erschöpft, um sie zu beantworten, also ignoriere ich sie. Und dann werden es mehr und mehr und mehr. Wenn ich wieder draufschaue, wurde aus der einen Nachricht, die mir zu ungemütlich war, ein Dutzend, vielleicht sogar zwei. Dann weiß ich gar nicht mehr, wo ich anfangen soll und am liebsten würde ich mich unter meiner Decke vergraben. Aber ich weiß: Es wird nur noch schlimmer.
Jona weiß, dass er Schuld hat. Ich weiß, dass ich Verpflichtungen habe. Prokrastination, also Aufschieben und inzwischen etwas anderes tun, macht es nur schlimmer. Am Ende muss man sich dem stellen, was man tut.
Tut Jona das hier? Stellt er sich – oder ist ins Meer geworfen werden nicht die ultimative Flucht? Im Tod, denkt er, zumindest da bin ich vor Gott sicher!
 
·       Wie gehst du mit deiner eigenen Schuld um? 
·       Wie gehen andere mit deiner Schuld um? 
 
III. Jona 1,13-2,11 in Auswahl  Die Männer aber versuchten, mithilfe der Ruder das Festland zu erreichen. Doch sie schafften es nicht, denn die See tobte immer wilder gegen sie. Da schrien sie zum Herrn und beteten: »Ach, Herr, lass uns nicht untergehen, wenn wir diesen Mann jetzt ins Meer werfen! Gib uns nicht die Schuld an seinem Tod! Denn du bist der Herr! Wie es dein Wille war, so hast du es getan.« Dann packten sie Jona und warfen ihn ins Meer. Sofort beruhigte sich die See und hörte auf zu toben. Da ergriff die Männer große Furcht vor dem Herrn. Sie brachten dem Herrn ein Schlachtopfer dar und legten Gelübde ab.
Der Herr aber schickte einen großen Fisch, der Jona verschlang. Und Jona war drei Tage und drei Nächte lang im Bauch des Fisches.
Im Bauch des Fisches betete Jona zum Herrn, seinem Gott.
Da befahl der Herr dem Fisch, Jona an Land zu bringen. Dort spuckte der Fisch ihn aus.
 
Impuls 3: Neu anfangen. Die Geschichte endet offen. Wer sich noch an seine Zeiten im Kindergottesdienst erinnert oder einfach bibelfest ist, weiß, wie es weitergeht, doch für uns endet die Lesung heute hier.
Jona wollte die ultimative Flucht ergreifen, aber Gott hat selbst das nicht zugelassen. Er hat einen Plan für Jona und an dem hält er fest. Das kann man als grausam empfinden – wenn Gott meinen Weg vorgibt, habe ich dann überhaupt eine Wahl?
Aber was Gott tut, kann auch eine Befreiung sein:
Gott lässt Jona nicht sterben. Er ist ein Gott des Lebens und er bewahrt Jona, selbst nach dessen Ungehorsam.
Besonders in der katholischen Kirche ist das „Zeichen des Jona“ das Zeichen der Taufe: Jona stirbt, als er ins Meer stürzt und vom Wal verschluckt wird. Drei Tage lang ist er tot; drei Tage bis zur Auferstehung Jesu. Dann spuckt der Wal ihn wieder aus. Jona ist wieder lebendig und wie Jona werden auch wir lebendig sein.
Paulus schreibt das im Brief an die Gemeinde in Rom so: „Ihr wisst doch: Wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, sind einbezogen worden in seinen Tod. Und weil wir bei der Taufe in seinen Tod mit einbezogen wurden, sind wir auch mit ihm begraben worden. Aber Christus wurde durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt. So werden auch wir ein neues Leben führen.“ (Römer 6,3-4)
Gott ist ein Gott der Gnade: Er vergibt uns unsere Schuld. Wenn wir lieber die Flucht ergreifen, als uns unseren Aufgaben zu stellen, vergibt er uns.
Viel mehr noch: Gott schenkt uns die Kraft, um die Emails im Postfach zu beantworten; und ebenso zeigt er uns einen Weg, in dem wir uns den Menschen zuwenden können, denen wir Unrecht getan haben.
Dafür steht die Taufe und dafür steht Jona.
 
·       Wo ist dir einmal das Leben neu geschenkt worden? 
·       Wo sehnst du dich nach einem Neuanfang? 
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