Nähme ich Flügel der Morgenröte - Mittwochsgedanken von Anne Dill

Wed, 17 Jun 2020 13:55:39 +0000 von Charlotte Scheller

Mittwochsgedanken am 17.06.2020 zu Psalm 139
 
Herr, Du erforscht mich und kennst mich.
Ich sitze oder stehe auf, Du weißt es.
Du verstehst meine Gedanken von ferne.
Ich gehe oder liege, Du bist um mich und siehst alle meine Wege.
Von allen Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir.
Führe ich gen Himmel, so bist Du da.
Bettete ich mich bei den Toten, so bist Du auch da.
Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer,
so würde auch dort Deine Hand mich führen und Deine Rechte mich halten. (Psalm 139,1-3.5.8-10)
 
1. An manchen Tagen wünsche ich mich weit fort. Möchte mich ganz unauffällig davonstehlen, wenigstens einen Moment lang, wenn der Tag nur allzu dunkel ist. An solchen Tagen stelle ich mir vor, wie ich barfuß über eine Blumenwiese laufe. Das Summen der Bienen in meinen Ohren. Ein Marienkäfer sitzt im Gras. Oder ich träume mich an einen einsamen Strand, wo die Wellen plätschern und das Licht der Sonne sich auf dem Wasser bricht.
Ich mag meine Tagträumereien. Entführen sie mich doch für eine Weile in eine andere Welt. Lenken ab vom Hier und Jetzt. Für einen Moment kann ich sogar Kummer und Schmerzen vergessen.
 
2. Psalm 139 ist auch so eine Gedankenreise. Sie geht zum Ufer des entferntesten Meeres. Sogar hinab bis ins Reich der Toten und hinauf gen Himmel. An die äußersten Enden von Zeit und Raum. 
Dabei macht der Träumer eine Entdeckung, die ihn verblüfft: Egal, wohin er sich träumt, egal, wohin er reist: Gott ist schon da. 
Der Träumer erkennt: Gott kennt jeden meiner Wege, selbst wenn es nur ein gedanklicher ist. Mehr noch: Gott versteht meine Gedanken sogar. 
Und so wird die Gedankenreise zu einem Gebet.
 
3. „Würde ich sagen: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein – so wäre auch Finsternis nicht finster bei Dir, Gott.
Und die Nacht würde leuchten wie der Tag.
Finsternis ist wie das Licht.“ (Psalm 139,11-12)
 
Wenn es mir so vorkommt, als ob es Nacht in meinem Herzen ist und dunkel um mich her, dann hat diese Finsternis vor Gott keinen Bestand. Sein Licht ist stärker.
So wie damals ganz am Anfang: Als Gott die Sonne, den Mond und die Sterne erschaffen hat, um die Finsternis und um das Chaos zu vertreiben.
Gott weiß auch um mein Chaos, meine Finsternis. Er kennt mich.
Ihm kann ich alles sagen: Laut und deutlich. Oder leise als Gedankenreise wie im Psalm. Das, was ich mir erhoffe. Meine Angst und meine Sorgen. Ein kurzer Dank.
Denn Gott ist da: An jedem Ort und zu jeder Zeit.
Von allen Seiten umgibt er mich. 
Manchmal nutzt er dazu auch Menschenhände: Wenn eine Freundin meine Hand nimmt. Wenn meine Eltern eine Nachricht übers Handy an mich schicken. Wenn die Bettnachbarin im Krankenhaus mir die Zeitung reicht. Oder wenn ein Kind mich umarmt.
Gott hält seine Hand über mir. Amen.
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