Grenzen überschreiten - Predigtimpulse von P. Grobe, P. Ahn, Pn. Charlotte und M. Pangau

Sat, 30 May 2020 13:37:58 +0000 von Anne Dill

Eine Audiodatei zum Nachhören von zwei Impulsen finden Sie weiter unten auf dieser Seite


Impulse: Grenzen überschreiten

Georg Grobe
Das Thema unseres Gottesdienstes heißt: Grenzen überschreiten. Ich möchte von einer Grenze berichten, die ich vor vielen Jahren überschritten habe. Das hat mich für mein Leben und meinen Glauben in eine faszinierende Weite geführt. Mir geht es um die Grenze zwischen Christen in Deutschland und Christen aus anderen Teilen der Welt. Bis zu meinem 19. Lebensjahr habe ich nur Christen gekannt, die Deutsche waren wie ich. Dann kam die Zeit des Studiums und danach längere Aufenthalte im Iran, Indien, Chile, Brasilien und besonders neun Jahre in Südafrika.
Lassen Sie mich erklären, wieso mich die Begegnungen mit Christen aus anderen Kontinenten so bereichert haben. Für mich als Deutschen ist es im Blick auf den Glauben immer wichtig gewesen, mit dem Verstand tiefer zu begreifen, was uns die Bibel über Gott und Jesus sagt. Das ist mir immer noch wichtig. Aber in vielen Teilen der Welt bin ich dann Christen begegnet, die nicht nur etwas über Gott wussten, sondern viel konkreter mit seiner Kraft im Alltag gerechnet haben. Das hat mir sehr gut getan und mir Mut gemacht, viel selbstverständlicher mit Gott im alltäglichen Leben zu rechnen.
Wir haben in der Lesung (Apostelgeschichte2,1-18) gehört, wie am Pfingstsonntag die Jünger vom Heiligen Geist erfüllt worden sind. Durch den Heiligen Geist ist eine neue Kraft in ihr Leben hineingekommen. Sie haben Gott sozusagen hautnah erlebt. Darum haben sie auch den Mut bekommen, mit anderen über Jesus zu sprechen. Ich bin überzeugt, wir alle brauchen das gründliche Nachdenken, aber wir brauchen auch ein neues Gespür dafür, wie Gott in unserem Alltag bei uns ist. Den Mut, darauf zu vertrauen, verdanke ich in besonderer Weise den Glaubensgeschwistern aus anderen Teilen der Welt. Darum ist mir dieser Gottesdienst heute wichtig. Mir ist es aber auch für die Zukunft wichtig, im Gespräch und im Austausch mit den Christen aus anderen Teilen der Welt zu bleiben, die hier in Göttingen in unserer Nachbarschaft leben. Ich bin überzeugt, dass wir uns gegenseitig sehr bereichern können.

Jae Joong Ahn (Koreanische Gemeinde)
Für Deutsche und Koreaner ruft das Wort „Grenze“ besondere Emotionen hervor, denn dieses Wort lässt geschichtlich und national viele Verletzungen, Schmerzen und Spannungen empfinden. 
Die Grenze existiert nicht nur auf dem Boden von einem Land, sondern ist auch zwischen uns Menschen bis heute noch vorhanden geblieben. Das Coronavirus hat eine unsichtbare und eine sichtbare Grenze bei uns Menschen aufgebaut: Durch die soziale Distanzierung -„Abstand halten“- und durch die Angst. 
Der Heilige Geist aber hat alle Mauern und alle Grenzen in der Welt und zwischen Menschen abgebaut. Von Anfang an, als er am Pfingsttag gekommen ist, ist die erste christliche Gemeinde entstanden. Die Anfänger der urchristlichen Gemeinde konnten die Grenzen und Zäune, die unter damaligen Zeitengenossen verlaufen sind, durch den Heiligen Geist über-schreiten. 
Im Epheser-brief hat Paulus darauf bezogen so geschrieben: „Jetzt aber seid ihr in Christus Jesus, die ihr einst Ferne wart, Nahe geworden durch das Blut Christi. Denn er ist unser Friede, der aus beiden eines gemacht hat und den Zaun abgebrochen hat, der dazwischen war, nämlich die Feindschaft“ (Eph 2,13-14). „Denn durch ihn haben wir alle in einem Geist den Zugang zum Vater“ (Eph 2,18). Weiter sagte Paulus: „Und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens“ (Eph 4,3).
Der Heilige Geist ist der Geist Jesu Christi. Der Heilige Geist lässt uns Jesus den Herrn nennen (1.Kor.12,1) und alle Gläubigen eins werden. Mit dem Heiligen Geist gibt es keine Grenzen mehr.

Charlotte Scheller (Christophorusgemeinde)
Nachdem Gottes Geist über die Jünger gekommen ist, verlassen sie das Haus. Petrus redet mitten in der Stadt und die Brüder übersetzen. Was redet er? Ein Zitat aus Joel. Dem Prophetenbuch. „Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen.“ 
Eine ungeheure Energie. Ich stell mir die Rede heute vor. Auf dem Bahnhofsvorplatz. Auf den Schillerwiesen. Auf dem Kirchplatz von Christophorus. In alle Sprachen übersetzt. Ihr Jungen, traut euch, Visionen zu haben! Lasst den vorgefertigten Lebensplan einen Augenblick beiseite. Abitur. Examen. Familienplanung und Job. Was seht ihr noch? Ich seh euch auf der Straße. Unbeeindruckt von den Zwängen der Realpolitik erhebt ihr eure Stimmen für die gequälte Schöpfung. Und werdet ernstgenommen. Wissenschaftler geben euch Recht. Politiker ändern den Kurs. Hört nicht auf zu träumen! 
Eure Alten sollen Träume haben! Ich sehe ein Haus. Oder ein Stadtviertel. Alte wohnen darin. Jüngere und Kinder. Mit Beeinträchtigungen und ohne. Herkunft und Sprache sind egal. Auch ohne Worte wäre klar, was zu tun ist. Gehälter, Lohn und Hartz IV werden zusammengeschmissen. Man teilt sich das Kochen und Putzen, Einkaufen, Vorlesen, Nachhilfe und Gartenarbeit. Der Sprach-Unterricht ist keine Einbahnstraße. Ich lerne deine Sprache, du meine. Die ganz Kleinen und die ganz Alten werden gepflegt. Keiner ist allein. Es ist Raum für Erinnerungen. Man sitzt abends lange beisammen. Vergangenes Glück und Leid wird erzählt und wirkt Zukunftsträume. Gott wohnt mittendrin. 
Pfingsten 2020. Keine Sprache und keine Kultur, keine Nation und keine Tradition, wie unterschiedlich sie auch immer sind, trennt uns Menschen voneinander. Gott hat uns seinen Geist gegeben. Feuerflammen. Sturmgebraus. Visionen und Träume. Ganz große oder winzig kleine. Wir dürfen ihnen Raum geben. Auf gehts! 

Margaretha Pangau (Indonesische Gemeinde)
Manchmal frage ich mich: Warum verbringst du so viel Zeit mit anderen Dingen und vergisst, dich an der Evangelisierung zu beteiligen? Dann entsteht der Gedanke: Über die Grenzen meiner täglichen Arbeitstätigkeit hinaus sollte ich direkt an der Evangelisierung teilnehmen. Vielleicht ist das nur eine Vision für die Zukunft, aber ich denke, das kann auch sofort anfangen. Evangelisation ist eine wichtige Aufgabe für jeden Christen, wie es in Matthäus 28, 19 geschrieben ist: „Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Ja, wir sollten SEINE Botschafter sein, wohin Er uns auch sendet. Ein Evangelist zu sein oder etwas mehr für die Evangelisierung zu tun, ist für mich in diesem Moment eine Überschreitung der Grenze. Aber wenn es Gottes Wille ist, wird Er uns befähigen und der Heilige Geist wird uns führen und helfen, den anderen von Jesus Christus und Seiner Erlösung zu erzählen.
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