zu Lukas 5,1-11 von Verena Tretter, Vikarin in St. Petri Weende
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Es ist zwar mittlerweile schon über ein halbes Jahr her, aber ich frage Sie das dennoch: Haben Sie sich anlässlich des Neuen Jahres 2020 gute Vorsätze vorgenommen?
Die DAK-Studie „Das nehmen sich die Deutschen fürs neue Jahr vor“ hat die Deutschen 2019 nach ihren guten Vorsätzen für das Jahr 2020 befragt. Schön finde ich besonders drei Vorsätze, die von über der Hälfte der Befragten angegeben wurden – witzigerweise von jeweils 64%! Nämlich: Stress vermeiden oder abbauen, mehr Zeit für Familie und Freunde haben und schließlich sich umwelt- bzw. klimafreundlicher verhalten.
Oft bleiben gute Vorsätze aber auch bloß gute Vorsätze. Durchschnittlich dauert es 66 Tage, bis man eine neue Gewohnheit gelernt hat, also das vormals neue Verhalten nun automatisch, ohne weiter drüber nachzudenken, ausübt. Alte Gewohnheiten ändern dauert noch länger, ist schwieriger, je älter die Gewohnheit ist.
Wir sind einfach Gewohnheitstiere, wie man so schön sagt. Wir bleiben im alten Trott, weil er ein Trampelpfad ist, bekannte Wege, die durch vielmaliges Gehen schon gangbar sind. Da stolpert man nicht mehr so sehr. Das ist an sich weniger anstrengend. Aber auch nicht erfüllend.
Leider betrifft das oft nicht nur unsere allneujährlichen guten Vorsätze, bei denen wir gar nicht gegen den inneren Schweinehund ankommen, sondern auch andere Umstände, in denen wir nicht glücklich sind in unserem Leben. Es ist schwer, etwas nachhaltig zu ändern. Raus zu kommen aus alten Verhältnissen, die uns unglücklich machen. Etwas zu tun, damit sich unser Leben erfüllend und gelingend anfühlt. Veränderungen sind schwierig. Große Veränderungen noch viel mehr.
Stattdessen quälen wir uns lieber mit einem Job, der uns nicht ausfüllt oder für den wir unsere Familien und Freunde vernachlässigen, der aber Geld bringt. Stattdessen strengen uns an in dem, was wir tun – Arbeit, Studium, Beziehungen, Erziehung, Sport und vieles mehr –, um dann den Eindruck zu bekommen, dass es gar nicht so viel gebracht hat. Oder umsonst war. Nichts hat sich dann verändert oder gebessert.
Nur die Frage wird drängender: Kann das alles sein? Kann das immer so weiter gehen? Die Sehnsucht nach etwas anderem wächst, aber mit ihr nicht der Mut, das zu verwirklichen. Im schlimmsten Fall wird der Versuch, aus den Umständen auszubrechen, die uns unglücklich machen, eine Erfolglosigkeitsgeschichte werden. Eine Hamsterradgeschichte mit viel Anstrengung und wenig Ertrag.
1Es begab sich aber, als sich die Menge zu ihm drängte, zu hören das Wort Gottes, da stand er am See Genezareth. 2Und er sah zwei Boote am Ufer liegen; die Fischer aber waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze. 3Da stieg er in eines der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land wegzufahren. Und er setzte sich und lehrte die Menge vom Boot aus. 4Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu Simon: „Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!“ 5Und Simon antwortete und sprach: „Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort hin will ich die Netze auswerfen.“ 6Und als sie das taten, fingen sie eine große Menge Fische und ihre Netze begannen zu reißen.
7Und sie winkten ihren Gefährten, die im andern Boot waren, sie sollten kommen und ihnen ziehen helfen. Und sie kamen und füllten beide Boote voll, sodass sie fast sanken. 8Da Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sprach: „Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch.“ 9Denn ein Schrecken hatte ihn erfasst und alle, die mit ihm waren, über diesen Fang, den sie miteinander getan hatten, 10ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, Simons Gefährten. Und Jesus sprach zu Simon: „Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen.“ 11Und sie brachten die Boote ans Land und verließen alles und folgten ihm nach.
Petrus sagt: „Wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Es war anstrengend, wir haben dermaßen geackert, aber unsere Netze blieben leer. Tagein, tagaus dasselbe, frustrierende Ergebnis. Wir rennen auf der Stelle. Unsere Arbeit ernährt unsere Familien nicht. Sie erfüllt uns nicht, weil sie nicht gelingt. Wie soll es weitergehen?“
„Fahre hinaus, wo es tief ist. Fürchte dich nicht!“, sagt Jesus zu Simon Petrus. Völlig unlogisch und völlig abseits des ausgetretenen Weges, den die Fischer sonst gehen. Im Tiefen fischen? Das ist ziemlich gewagt, sind die Boote dafür überhaupt geeignet?
Fahre hinaus, wo es tief ist. Wage etwas Neues, auch wenn deine Erfahrung dir sagt: Das kann doch gar nicht funktionieren. Pack die Gelegenheit beim Schopf, auch wenn du denkst: Ich komme schon irgendwie durchs Leben. Nimm Reißaus von bekannten Wegen, auch wenn du das Gefühl hast: Es gibt ja doch keine echte Alternative.
Diejenigen, die Gott berufen hat – Abraham, Petrus, Jakobus und Johannes – denen er gesagt hat: Geh weit weg aus deiner Heimat, weg von deiner Verwandtschaft, in ein völlig fremdes Land – Fahre hinaus, wo es tief ist, und fische dort, sei fortan Menschenfischer – die hat er vor eine nach unserem Ermessen unglaubliche Aufgabe gestellt. Er hat sie aufgefordert, ein großes Wagnis einzugehen. Würden wir uns das trauen? So etwas wagen, was unser Leben umstürzt? Den Beruf, den wir gerade ausüben, aufgeben, um etwas ganz Neues zu beginnen, oder schwierige Beziehungen klären, damit wir wieder frei atmen können? Es fällt oftmals schon so schwer, kleine Dinge zu ändern. Die berühmten guten Vorsätze umzusetzen.
Abraham ist losgezogen. Petrus, Jakobus und Johannes haben alles stehen und liegen gelassen und sind Jesus nachgefolgt. Wir kennen ihre Geschichten – Unglaubliches haben sie gemeistert.
Abraham ist losgezogen. Petrus, Jakobus und Johannes haben alles stehen und liegen gelassen und sind Jesus nachgefolgt. Wir kennen ihre Geschichten – Unglaubliches haben sie gemeistert.
Warum eigentlich? Gott hat an sie geglaubt. Gott traut niemandem etwas zu, was er oder sie nicht schaffen kann. Und Gott hat nicht nur an die geglaubt, von denen uns die Bibel erzählt. An jeden einzelnen von uns glaubt Gott auch. Wir sind seine Kinder, alle von ihm geschaffen. Er hat uns mit seiner Liebe zugerüstet und mit seiner Gnade ausgestattet. Frei nach Paulus: Er ist für uns, was könnten wir nicht schaffen? Er hält uns – wir können gar nicht so tief fallen, gar nicht so richtig scheitern.
Wenn so ein Großer, der Allmächtige, an uns glaubt, warum wagen wir dann nicht mal was? Warum ist der erste Schritt so schwer? Wir können die Welt und unser Leben mit Gottes Zutrauen und Hilfe nur zu einem besseren Ort machen. Warum zögern?
Was wollten Sie immer schon mal tun? Was brennt Ihnen unter den Fingernägeln, auf der Seele? Probieren Sie es auch. Fürchte dich nicht! Gott geht mit dir mit!