Verstehst du, was du da liest? Mittwochsgedanken von Anne Dill

Wed, 24 Jun 2020 16:37:02 +0000 von Charlotte Scheller

zu Apostelgeschichte 8,26-39. Audio zum Nachhören siehe unten 
Ganz ehrlich, das habe ich mir leichter vorgestellt! Gott kennenzulernen, meine ich. Ich bin extra nach Jerusalem gefahren. Habe mich aufgemacht auf den langen Weg in die „heilige Stadt“, wie sie von vielen genannt wird. Ich dachte, wenn ich dort ins Haus Gottes gehe und dort ein Gebet spreche, dann ist alles klar. Aber irgendwie ist überhaupt nichts klar. Im Gegenteil: Fremd war das alles. Ich habe nicht verstanden, was die Priester dort machen. Die Gebete kenn ich nicht. Die Lieder und Gesänge ebenso wenig. Das ist nicht meine Sprache. So rede ich nicht. Nein, die vielen Fragen in meinem Kopf haben sich nicht geklärt. Nur die Sehnsucht in meinem Herzen, die ist noch größer geworden. 
 
Jetzt sitze ich hier in meiner Kutsche auf der Rückfahrt. In ein paar Tagen werde ich wieder zuhause sein. Und dann?
Okay, letzter Versuch: Ich entrolle die Schriftrolle mit den heiligen Worten, die von Gott erzählen und – verstehe nichts. Schon wieder! 
Zweifel steigen in mir auf. Einerseits will ich ja dazugehören. Zu Gott. Spüre, dass am Glauben was dran ist. Aber andererseits weiß ich nicht viel von ihm. Und – mal weitergedacht – wie wird es sein, wenn ich nach Hause komme? Wird meine Familie, werden meine Freunde mich verstehen? Oder werden sie mich auslachen und auf Abstand gehen? 
 
Während ich grübelnd meinen Gedanken nachhänge, fällt plötzlich ein Schatten auf die Schriftrolle. Ich schaue auf. Ein Mann trabt im Schnellschritt neben der Kutsche her. Seine Kleider sind ganz staubig. Sein Gesicht nicht gerade sehr sauber. Was will der? Womöglich ein Räuber!? Gerade will ich den Mund aufmachen, um ihn fortzujagen. Doch er ist schneller: „Verstehst Du, was Du da liest?“
Ich schaue ihn verblüfft an. Eben noch habe ich mit einem Überfall gerechnet und jetzt beginnt der Räuber, der wohl doch keiner ist, ein höfliches Gespräch mit mir?
Während ich ihn so anschaue und keinen Ton herausbringe, sehe ich plötzlich seinen liebevollen Blick, den er auf mich gerichtet hält. Ich lasse die Kutsche anhalten.
„Nein“, sage ich zu ihm. „Ich verstehe nicht, was ich da lese. Aber – wenn Du mir helfen kannst, dann steig ein!“
Philippus – so sein Name – klettert zu mir in den Wagen. 
Und dann beginnt er zu erzählen:
Dass Gott seinen Sohn Jesus auf die Erde geschickt hat.
Und dass Jesus stärker ist, als jede Angst und jede Traurigkeit.
„Weißt Du“, sagt Philippus zu mir, „ich gehöre zu ihm. Er hat uns, seinen Freunden, einen Auftrag gegeben. Wir sollen von ihm erzählen, damit alle Menschen von ihm erfahren. Damit jeder sich entscheiden kann, dass er auch zu Jesus gehören möchte. Das Zeichen dafür ist die Taufe. Sie besiegelt: Du gehörst dazu. Zu Gott und zu seinen Menschen.
Und auch, wenn wir Jesus nicht sehen können, hat er versprochen: „Ich bin bei Euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“
 
Viele Stunden sind vergangen, als ich vor uns plötzlich Wasser glitzern sehe. Und plötzlich bin ich mir ganz sicher. Wieder lasse ich den Wagen anhalten. Wir steigen aus. Ziehen die Schuhe aus. Tapsen vorsichtig ins Wasser. Dann taucht er mich unter. Und zieht mich wieder hinauf. „Ich taufe Dich auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!“
Was für ein Moment! 
Was macht es schon, wenn ich nicht jedes Wort in der heiligen Schrift verstehe? Jesus, der Sohn Gottes, ist an meiner Seite!
Quelle: Scheller
Hier ist Wasser. Taufe mich!
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